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Meinung: Illusionäre Konzepte

Zur Diskussion um die Kitapflicht Zwei bis drei Jahre Besuch einer liebevoll betreuten und anregend gestalteten Kita vor der Schule hat unzweifelhaft einen sehr großen Wert und ist hilfreich für eine multikulturelle integrative Sozialisation. Wenn auf der Meinungsseite derselben Zeitungsausgabe gleich die Sinnhaftigkeit des Kita- Anspruchs für Einjährige als Expertenmeinung ausgegeben wird und sogar deren Ganztagsbetreuung gefordert wird und einer Kita-Pflicht das Wort geredet wird, drückt sich hier jedoch eine Ideologie aus, die uns dazu führen würde, die Fehler anderer Industrienationen nachzumachen.

Zur Diskussion um die Kitapflicht

Zwei bis drei Jahre Besuch einer liebevoll betreuten und anregend gestalteten Kita vor der Schule hat unzweifelhaft einen sehr großen Wert und ist hilfreich für eine multikulturelle integrative

Sozialisation.

Wenn auf der Meinungsseite derselben Zeitungsausgabe gleich die Sinnhaftigkeit des Kita- Anspruchs für Einjährige als Expertenmeinung ausgegeben wird und sogar deren Ganztagsbetreuung gefordert wird und einer Kita-Pflicht das Wort geredet wird, drückt sich hier jedoch eine Ideologie aus, die uns dazu führen würde, die Fehler anderer Industrienationen nachzumachen.

Der Entwicklungspsychologe Achenbach hatte an 3000 amerikanischen Schülern nachgewiesen, dass das „daycare“ und die frühe außerhäusliche Betreuung zu einer Verschlechterung aller Entwicklungsparameter und zu einem deutlichen Rückgang sozioemotionaler Kompetenz geführt haben. Eine Großstudie des renommierten National Institut of Child Health Development hat diesen Befund bestätigt. Die im Studienrahmen durchgeführten Messungen des Cortisol-Tagesprofils bei den nun 15-jährigen Kindern zeigte bei den früh ganztags Betreuten anomale Steigerungen und Verlaufsbesonderheiten des Stresshormons, die denen von vernachlässigten Kindern glichen, was wiederum zu einer Fülle von akuten und chronischen Erkrankungen disponiert. Die Wissenschaft hat hier einen eindeutigen Nachweis für das gefunden, was früher jede Mutter und jede Oma wussten.

Ich habe allergrößten Respekt vor Alleinerziehenden und Geringverdienenden, denen die Gesellschaft keine andere Wahl lässt, als ihre Kleinkinder umfangreich betreuen zu lassen und die sich abends erschöpft bemühen, ihnen die emotionalen Defizite des Tages auszugleichen. Totalitären Staaten hat der Mangel an sozioemotionaler Kompetenz des Nachwuchses geholfen, willige Untertanen zu schaffen. Konsumgesellschaften produzieren damit willige Konsumenten. Dass Wirtschaftsverbände der Frühbetreuung das Wort reden ist verständlich. Dass Kluge und sich progressiv Einordnende dem anschließen, hat wohl mit Entfremdungserscheinungen unserer kinderarmen Spaßgesellschaft zu tun. Das Schimpfwort „Herdprämie“ ist ihr Ausdruck der Verachtung für Eltern, die sich mit dem Opfer von Betreuungszeit für Kleinkinder Karriereknicks einhandeln. Sie weiß nicht mehr, dass der Weg zum Ich über das Du führt.

Dr. med. Erich Freisleben,

Berlin Wedding, Vater von 5 Kindern

Gut, dass sich jetzt auch der Tagesspiegel über die erheblichen Verschiebungen in der Herkunftsstruktur der Berliner Schulanfänger Gedanken gemacht hat. Wo sind wir wohl in 20 Jahren, wenn in nur sieben Jahren der Migrantenanteil an den Schulanfängern von 30 auf 40 Prozent gestiegen ist?

Nennenswerte Sprachprobleme konzentrieren sich allerdings allein auf Kinder von türkischen und arabischen Migranten und von Sinti und Roma, das wird gerne unter den Tisch gekehrt. Die Kita-Pflicht ab drei hatte ich bereits vor drei Jahren in „Deutschland schafft sich ab“ gefordert. Leider zeigen die Erfahrungen in Frankreich, England, Schweden, Belgien oder den Niederlanden, dass die Integrationsprobleme im Bildungssystem und später in der Gesellschaft über den reinen Spracherwerb weit hinausgehen. Anders, als von Gerd Appenzeller angedeutet, erfolgte 2005 in Berlin die Abschaffung der Vorschule und die Vorverlegung der Schulpflicht um ein halbes Jahr gegen meinen entschiedenen Widerstand. Die Bildungspolitiker wollten das, um damit den Einstieg in das später gescheiterte Jahrgangsübergreifende Lernen (JÜL) vorzubereiten.

Ich hatte mich damals allerdings mit Erfolg geweigert, die erheblichen Mehrausgaben Berlins bei den Ausgaben je Schüler noch weiter auszudehnen. Leider konnte ich die Berliner Bildungspolitik nicht daran hindern, im Rahmen des ihr zugestandenen Ausgabevolumens unvernünftige Schwerpunkte zu setzen und illusionäre Konzepte zu verfolgen.

Das Ergebnis sehen wir am weiteren Zurückfallen Berlins in den länderbezogenen Bildungsvergleichen.

Dr. Thilo Sarrazin, Berlin

Die Forderung der SPD nach einer Kita-Pflicht für Kinder ab drei Jahren erinnert mich an die Zeit vor der Wende: Die DDR sammelte auch alle Kinder ein und versuchte sie im Sinne des Sozialismus zu formen. Es gab kein Entrinnen. Wenn Eltern sich dennoch weigerten, den sozialistischen Einheitsbrei mitzumachen, wurden sie ausgegrenzt und drangsaliert. Das Bildungsmonopol hatte in der DDR ausschließlich der Staat. Vielleicht sehnen sich SPD und

Die Linke wieder nach einem zentral organisierten Bildungswesen.

Kurt Scheibert, Berlin-Hellersdorf

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