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Meinung: Im Land der guten Hoffnung

Südafrika macht Fortschritte – der Rest des Kontinents nicht

Massenmord im Sudan, Anarchie in Simbabwe, der Kongo existiert nur noch auf dem Papier. Es grassiert Afro-Pessimismus und dabei schweift der Blick zwangsläufig in Richtung Süden, zum Kap der guten Hoffnung: In Windeseile vom Aussätzigen zum Vorbild mutiert, sollte Südafrika den gesamten Erdteil aus dem Morast der Stagnation ziehen. Nach den dunklen Jahren der Apartheid hatten die ersten freien Wahlen im April 1994 jedenfalls große Hoffnungen geweckt – für Südafrika selbst, aber auch für den gesamten Kontinent.

Zumindest ökonomisch hat Südafrika einige dieser Erwartungen erfüllt. Doch trotz aller wirtschaftlichen Fortschritte ist nach wie vor unklar, was Afrika politisch von Pretoria erwarten kann. Spätestens seit dem Amtsantritt von Präsident Thabo Mbeki vor fünf Jahren hat das Land sein außenpolitisches Augenmerk tatsächlich intensiv auf den eigenen Kontinent gerichtet und versucht sich durchaus als Friedensstifter, vor allem in Zentralafrika.

Es überrascht kaum, dass Erfolge bislang gleichwohl rar sind. Der Kontinent verfügt weder über eine größere Zahl geschulter Fachkräfte noch über die notwendige Infrastruktur. Und ohne solche Voraussetzungen kann auch ein Marshallplan für Afrika kein Wachstum oder gar Demokratie generieren. Entsprechende Experimente sind bislang denn auch fast immer gescheitert. Angesichts der anhaltend starken Tendenz zum Einparteienstaat sind selbst viele gewählte Regierungen rasch zu autoritären Regimen verkommen, geprägt durch eklatanten Machtmissbrauch und Korruption. Und wer investiert schon, wenn er regelmäßig alles an die Großfamilie abführen muss oder vom Staat systematisch bestohlen wird?

Südafrika trägt zweifellos eine Mitschuld an dieser Misere des Kontinents. So steht vor allem der außenpolitische Aktionismus, den das Land in Burundi und im Kongo offenbart, im krassen Gegensatz zur totalen Passivität gegenüber seinem unmittelbaren Nachbarn Simbabwe. Dort sind die schwarze Opposition und die Zivilgesellschaft vor den Augen Südafrikas systematisch zerstört worden. Präsident Mbeki scheint sich der ehernen Regel afrikanischer Politik zu beugen, wonach ein schwarzer Präsident einen anderen nie öffentlich kritisiert. Anders als im Nepad-Dokument versprochen, fasst Südafrikas Regierung das Regime in Simbabwe stets mit Samthandschuhen an.

Allerdings darf nicht vergessen werden, welch langen Weg das Land seit dem 27. April 1994 zu bewältigen hatte. So wurde am Kap in der vergangenen Dekade eine ganze Gesellschaft auf den Kopf gestellt. Südafrika ist heute politisch friedlicher und stabiler als fast alle anderen Vielvölkerstaaten, sei es etwa Israel oder Sri Lanka.

Die Kaprepublik besitzt eine unglaubliche Fähigkeit zu überraschen – im Guten wie im Schlechten. Niemand hat dies besser zum Ausdruck gebracht als der vor fast zwanzig Jahren verstorbene Schriftsteller Alan Paton, der einst schrieb: „Südafrika ist ein Land, in dem man am Sonntag verzweifeln kann und Montag schon wieder hoffen darf.“

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