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Meinung: Im Zweifel für den Extremisten Auch Schuld der USA: Motassadeq kommt frei

In Washington wird man nicht zufrieden sein. Dort möchte man Mounir al Motassadeq im Gefängnis sehen, lebenslang, mindestens.

In Washington wird man nicht zufrieden sein. Dort möchte man Mounir al Motassadeq im Gefängnis sehen, lebenslang, mindestens. Nun geht der Mann nach Hause zu Frau und Kindern, und sein Anwalt wird ihm gut zugeraten haben, dort zu bleiben, weil er am Ende des Verfahrens fest an einen Freispruch glaubt. Er könnte Recht behalten.

Der Kampf gegen den Terror – derjenige, der mit rechtsstaatlichen Mitteln geführt wird, der die Unschuldsvermutung respektiert, Beschuldigte ordentlichen Gerichten zuführt und die Menschenrechte achtet – er erleidet womöglich gerade eine Schlappe. Motassadeqs Landsmann Abdelghani Mzoudi ist frei, Motassadeq jetzt auch, und beide waren zumindest sehr, sehr nah an dem Terrorpiloten Atta und seiner Todesclique. Sie teilten seinen islamistischen Furor, unterstützten die Gruppe, und dass sie den Massenmord vom 11. September zutiefst verabscheuen oder gar Mitleid für Opfer und Angehörige fühlen, muss niemand glauben.

Aber ein Gerichtssaal ist kein Kampfplatz und Richter sind keine Soldaten. Sie dürfen nur jemanden verurteilen, wenn sie von seiner Schuld überzeugt sind – einer Schuld, die sich nicht nach Moral, politischer Opportunität oder sozialer Verwerflichkeit bemisst, sondern allein nach den eng umgrenzten Tatbeständen des Gesetzes.

Möglicherweise bleibt da nicht viel übrig. Motassadeqs Handlangerdienste, seine düsteren Drohungen, das sind Beweise, die ein Urteil vielleicht tragen könnten – wenn, ja wenn das Gericht seiner Aufgabe nachkommen und wirklich alle Beweise würdigen könnte, die für das Geschehen bedeutsam sind. Das kann es aber nicht, weil die Amerikaner einen der wichtigsten Zeugen und möglichen Mittäter zurückhalten. Im Zweifel für den Angeklagten – das muss in diesem Fall mit doppelter Schärfe gelten, hat der Bundesgerichtshof festgestellt.

Die US-Administration wird den Zeugen weiter sperren, weil er Motassadeq entlastet. Dass sie damit auch eine immerhin mögliche Verurteilung Motassadeqs verspielt, begreift sie nicht. Wie sollte sie, für die doch Recht nur mehr eine Hürde ist, die überwunden werden muss. George W. Bush handelt in seinem Feldzug nach seinen eigenen Gesetzen. Wir bleiben besser bei unseren.

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