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Meinung: Immer noch keine Türen

Der Brüsseler Krisen-Gipfel zum Euro hat keine Lösungen geliefert.

Schon vor 12 Jahren nannte der heutige britische Außenminister den Euro ein „brennendes Haus ohne Ausgänge“. Der Gipfel in Brüssel hat innen ein wenig aufgeräumt, Türen hat das Haus jedoch noch immer nicht, und das Feuer ist ebenfalls nicht gelöscht.

Der Einbau der einen Tür, die politische Stärkung der Europäischen Union, ist nicht nur an den Briten gescheitert, sondern daran, dass die meisten Europäer derzeit so denken wie die Briten. Begriffe wie „Fiskalunion“ und „automatische Schuldenbremsen“ sollen suggerieren, dass es bei den Beschlüssen des Brüsseler Gipfels allein ums anständige Haushalten gegangen ist, um ein Ende der Schuldenmacherei und die Verbreitung deutscher Finanztugenden. In Wahrheit wird damit die politische Integration der Union dramatisch vorangetrieben. Denn was passiert, wenn ein Euro-Land in Zukunft zu viele Schulden macht? Dann sagt die EU-Kommission nicht nur, dass, sondern auch, wie gespart werden soll, welche Steuern erhöht werden müssen oder welche Ausgaben gesenkt werden sollen: Ein Sparen auf Grundlage der „von der Kommission vorgeschlagenen Prinzipien“, wie es im Abschlussdokument von Brüssel heißt. Dass diese Art von Ordnungspolitik zwangläufig zu Angleichungen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik innerhalb der Euro-Zone führen wird und einen weiteren Schritt in Richtung Vereinigte Staaten von Europa darstellt, hat die Briten das Weite suchen lassen. Eine Transferunion ließe auch die meisten Deutschen, wenn befragt, das Weite suchen. Sie werden nicht gefragt, und den Preis, den es nun zu zahlen gilt für die neue europäische Disziplin, verschweigt Angela Merkel lieber noch.

Der Versuch, diese neue Union zu legitimieren, wurde also gar nicht erst unternommen. Stattdessen wurden, wie damals bei der Euro-Einführung, finanzpolitische Fakten geschaffen, für die es noch kein politisches Korsett gibt. War das Feuer, das in der Euro-Krise bisher brannte, ein ökonomisches, wird daneben schon bald ein politisches brennen – die Debatte nämlich, welche Wirtschafts- und Sozialpolitik die Euro-Zone betreiben soll.

Die zweite Tür, die bei diesem Gipfel ins Euro-Haus hätte gebaut werden müssen, betrifft die aktuelle Krise. Was, wenn die nun beschlossene fiskalpolitische Askese und all die Rettungsschirme nicht helfen? Wenn Länder wie Griechenland trotz Sparregime und Finanzhilfen nicht auf die Beine kommen? Werden Schulden dann vergemeinschaftet? Oder sollten in Zukunft doch geordnete Rückzüge aus dem Euro-Raum möglich sein? Die Krise ist schließlich nicht nur das Ergebnis einer langjährigen Schuldenpolitik, sondern auch des schlecht ausbalancierten Wirtschaftsraumes. Der Gipfel hat dafür keine Lösungen gesucht, er hat das Euro-Haus vielmehr noch weiter verrammelt, obwohl die Politik selbst immer wieder die Alternativlosigkeit zu ihrem Vorgehen beklagt hat. Auch diese Chance, endlich politischen Handlungsspielraum zurückzugewinnen, hat der Gipfel verpasst.

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