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Meinung: In einem Meer von Feinden

Der amerikanische Vizepräsident gibt Israel freie Hand im Umgang mit dem Iran. Denn: Planungen für einen atomaren Holocaust hinzunehmen, das kann keiner von Israel verlangen

Es ist nicht so, dass Benjamin Netanjahu gar nichts zustande brächte. Bei weitem nicht. Nur weil man ihn für einen Rechten hält, einen Populisten, manchmal einen Bruder Leichtfuß, heißt es nicht, dass er nicht von Gewicht wäre. Und wie haben sich andere israelische Premiers im Amt entwickelt – nachher waren sie Helden im westlichen Sinne. Also Vorsicht vor den Vorurteilen.

Aber das heißt nicht, Netanjahu alleine lassen zu können, in der Erwartung, dass ihn das Premiersamt in jedem Fall mäßigen werde. Denn etwas gerade an diesem Amt ist unveräußerlich: die Sorge um die Sicherheit des Staates Israel. Zu viele Juden sind in zu vielen Jahrhunderten gestorben, umgebracht worden, als dass ein Premier dieses Staates es sich leisten könnte, der Sicherheit nicht mehr Vorrang vor allem anderen zu geben. Das, nebenbei, würde kein Volk der Welt seinen gewählten Repräsentanten verzeihen, erst recht nicht eines, das in einem Meer von Feinden liegt, das von seinen Feinden noch immer buchstäblich ins Meer getrieben und ausgelöscht werden soll. Und das ist die schlichte Wahrheit, einerlei, was Diplomaten an sanfteren Worten wählen, um die Lage im Nahen Osten ruhig zu halten. Um Israel ruhig zu halten.

Dabei nimmt die Bedrohung nicht ab, immer noch nicht, nach all diesen Jahren der Gespräche und Verhandlungen. Jetzt wieder bis zum Jahresende, wie US-Präsident Barack Obama gesagt und damit eine neue, eine der vielen Fristen gesetzt hat. Aber am Ende der Redespirale, was wartet dort? Diese Frage zu stellen bedeutet, den Blick immer wieder gen Iran zu richten, wo der von den geistlichen Führern wieder bestellte Präsident nach inneriranischen Aussagen grausamer ist, als sich der Westen das vorstellen mag. Und das schon ohne Bombe.

Es kann nicht sein, was nicht sein darf? Es kann nicht sein, dass Mahmud Ahmadinedschad am Ende doch die Atombombe bauen will, um seine Drohung gegen Israel wahr zu machen, nicht wahr? Die Israelis müssen aber damit rechnen. Sie dürfen nicht tatenlos zuschauen, bis es zu spät ist. Sie müssen Vorsorge treffen. Womöglich finden sie auch noch den einen oder anderen arabischen Potentaten, vielleicht einen Saudi, der sich nach einer Schadensabwägung insgeheim nicht gegen israelische Überflüge über sein Land wehrt, wenn sie denn nötig würden.

Planungen für einen diesmal atomaren Holocaust hinzunehmen, das kann, das darf keiner von Israel verlangen. Darum ist es gut und richtig, dass der amerikanische Vizepräsident, Joseph Biden, immerhin ein erfahrener Außenpolitiker, ihnen offiziell von seiner Seite aus freie Hand gegeben hat. Fahrlässig? Das Gegenteil zu tun, wäre historisch unverantwortbar.

Ein wenig mehr Vertrauen in die einzige Demokratie der Region wäre im Übrigen schon angebracht. Netanjahu betätigt sich eben nicht als Scharfmacher. Und er sucht breiten Konsens in seiner Gesellschaft. Und immer noch mit dem friedlichen Rest der Welt. An dem liegt es nicht zuletzt, den Iran in die Schranken zu weisen.

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