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In Zeiten der Krise: TV-Kanzler Ackermann

Wer ist mächtiger? Gewählte Politiker oder die Lenker der Finanzmärkte, die Regierungen weltweit gegeneinander ausspielen? Auf diese derzeit so häufig gestellte Frage gab es am Donnerstagabend eine Antwort im Talkshow-Format.

ZDF-Moderatorin Maybrit Illner gab Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann einen Status, der bislang nur Kanzlerin Angela Merkel gebührte. Er war als „einziger Gast“ geladen und durfte so – schon zum zweiten Mal – unbehelligt von lästigen Kritikern seine Sicht der Dinge darlegen.

Das war ohne Frage eine prima Sache für Ackermann und seine PR-Abteilung, aber war es auch gut für die Zuschauer? Gewiss, die Moderatorin stellte so manche kritische Frage, etwa nach der Übervorteilung deutscher Kommunen, denen die Deutsche Bank Zins-Wetten verkaufte und damit Millionenverluste bescherte. Doch wer fragt, muss auch die Antworten hinterfragen können, und das ging gründlich daneben.

Da verkam die Krise, die zig Millionen um Job und Erspanisse brachte, in Ackermanns Worten zu „Ungleichgewichten, die jetzt korrigiert werden“. Da gab es keine Fehler im Finanzsystem, sondern „nur 20 Banken“, deren „Risikomanagement“ schlecht war. Da konnte Ackermann mal eben behaupten, dass „wir keine Produkte verkauft haben, die schädlich für die Volkswirtschaft sind“, obwohl doch gerade die Deutsche Bank einer der Marktführer bei der Herstellung jener komplexen Kreditverbriefungen war, die unter falschen Angaben zur Bonität vertickt wurden und so das Finanzsystem mit faulen Krediten im Billionenwert verseuchten. Zur Sprache kam so auch nicht, dass es Ackermanns Händler waren, die in New York schon seit 2006 milliardenschwere Wetten auf den Verfall genau jener Kreditpakete abschlossen, die das Geldhaus gleichzeitig an „dumme Deutsche“ verkaufte, „die noch an die Regeln glauben“, wie es der damalige Deutschbanker Greg Lippmann ausdrückte.

Stattdessen durfte Deutschlands mächtigster Banker unbehindert darüber schwadronieren, dass „wir doch alle Spekulanten sind“ oder dass die Milliarden-Boni der „Preis für die besten Talente“ sei. Unwidersprochen blieb sogar Ackermanns Diktum, dass „die Märkte im Großen und Ganzen gut funktionieren“.

Klar, für die Gewinne der Deutschen Bank könnten sie gar nicht besser laufen. Und klar war damit auch , dass zumindest im deutschen Fernsehen die Macht der Geldkonzerne weiter reicht als jene unserer gewählten Regierungen. Mit solch dreister Beschönigung der verheerenden Folgen des eigenen Versagens wäre selbst die Kanzlerin nicht durchgekommen.

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