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Innenminister und Internet: Radieren im Netz

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat am Dienstag 14 Thesen zur Netzpolitik vorgestellt. Ein Vorstoß mit Bedacht und als Beitrag zur Debatte - aber auch mit deutlichen Schwächen.

Von Markus Hesselmann

Über den öffentlichen Raum in seiner Wahlheimat England hat Lord Ralf Dahrendorf gesagt: Sobald man das Haus verlässt, ist man eine öffentliche Person. Der öffentliche Raum ist gerade in der liberalen Gesellschaft im Zweifel ein höheres Gut als Persönlichkeitsrechte. Damit begründete der deutsch-britische Soziologe zum Beispiel die höhere Akzeptanz von Videoüberwachung auf der Insel.

In Deutschland ist es umgekehrt – zum Teil wohlbegründet durch die Geschichte zweier Diktaturen, zum Teil aber auch als Vorwand für absurde Klagen gegen die freie Presse und behördliche Blockaden der Auskunftspflicht.

Das Internet ist ein neuer öffentlicher Raum: ein grenzübergreifendes Feld der freien Debatte, eine Waffe des Widerstandes gegen totalitäre Herrscher, ein kollektives Gedächtnis. Wer hier mit Regeln eingreift, tut dies besser mit Bedacht. Einige der heute vorgestellten Thesen des Innenministers Thomas de Maizière zur Netzpolitik sind mit Bedacht formuliert und verdienen, debattiert zu werden. Als Grundlage einer Debatte sind sie vorgestellt, nicht als Gesetzestafeln vom Berg Sinai herabgereicht worden.

Ideen wie der „digitale Radiergummi“ oder das private Darstellungsrecht weit vorn in der Suchmaschine allerdings stellen das Persönlichkeitsrecht über das hohe Gut des Internets als öffentlichem Raum. Diese Ideen klingen sehr deutsch und werden international nicht durchsetzbar sein – zum Glück.

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