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Meinung: Innerer Frieden durch Nichtwissen

„Neue Debatte um Organspenden“ von Rainer Woratschka vom 30. August Die Debatte um Organspenden ähnelt der um die Zustimmung zu klinischen Sektionen.

„Neue Debatte um Organspenden“

von Rainer Woratschka vom 30. August

Die Debatte um Organspenden ähnelt der um die Zustimmung zu klinischen Sektionen. Vor Jahren gab es dabei eine Widerspruchslösung. Bei fast allen in Kliniken Verstorbenen wurde ohne Aufheben eine Obduktion durchgeführt. Generationen von Ärzten haben dabei wichtige Erfahrungen gemacht, die ihnen halfen, ihre lebenden Patienten gut zu behandeln. Die Angehörigen haben ihre Verstorbenen ohne innere Konflikte und „schlechte Bilder“ beerdigt. Man wusste es einfach nicht, ob … Heute gilt dabei die Zustimmungslösung, in deren Folge praktisch keine Obduktion mehr stattfinden.

Vor einer Organtransplantationen stelle man sich vor: Eine Mutter solle der Entnahme des Herzens bei ihrem durch Unfall hirntoten Sohn zustimmen. In einer ohnehin extremen belastenden Situation bringt man diese Frau, meist unter Zeitdruck, in Entscheidungsnot. Wenn sie zustimmt, plagen sie unter Umständen lebenslang Gewissensbisse und die Vorstellung von dem versehrten Leichnam bei der Beerdigung. Diese fürchterliche Situation ist vermeidbar bei einer Widerspruchslösung. Die Hinterbliebenen bewahren ihren inneren Frieden durch Nichtwissen. Auch für den Arzt, der um die Zustimmung bittet, ist das Gespräch schwierig und belastend. Wir wissen, dass zahlreiche mögliche Organspenden nur deshalb unterbleiben, weil die Ärzte dieses Gespräch mit den Angehörigen scheuen. Das Nichtwissen um eine mögliche Organentnahme bei der Widerspruchslösung kann die Angehörigen vor zusätzlichem Leid bewahren und wird sicher zu mehr Organtransplantationen führen. Der Widerspruch steht jedem lebenden Menschen frei und sollte auch dessen Angehörigen zugebilligt werden.

Dr. Hans-Joachim Koubenec,

Berlin-Wannsee

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