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Integration: Islamunterricht: Das muss Schule machen

Nordrhein-Westfalen führt als erstes islamischen Religionsunterricht ein. Um die kleinen Muslime den obskuren Predigern der Hinterhöfe zu entziehen. Und um sie durch eine Gleichstellung besser zu integrieren.

Gesellschaften verändern sich. Oft werden sehr viel später die Gesetze an die neuen Entwicklungen angepasst. In der Bundesrepublik leben etwa vier Millionen Muslime. Sie stellen die drittgrößte Religionsgruppe dar. Die muslimischen Kinder gehen in die Schule, wo bisher nur christlicher Bekenntnisunterricht angeboten wird. Berlin und Bremen sind Ausnahmen. Dabei ist die Politik sich mittlerweile einig, dass es an der Zeit wäre, auch Islamunterricht anzubieten. Um die kleinen Muslime den obskuren Predigern der Hinterhöfe zu entziehen. Und um sie durch eine Gleichstellung besser zu integrieren.

Aber das ist rechtlich schwierig. Im Grundgesetz werden Religionsgemeinschaften, die den Unterricht anbieten dürfen, so definiert, dass sie auf die heterogenen muslimischen Verbände nicht zutreffen. Wahrscheinlich kann der Islam aus seiner Natur heraus gar keine Religionsgemeinschaft mit festen Strukturen bilden. Also abwarten und Däumchen drehen?

Nordrhein-Westfalen prescht nun vor. Mit einer pragmatischen, provisorischen Lösung, wie sie im Land der Grundsatzdebatten und Paragrafenreiter selten zu finden ist. Nach den Sommerferien 2010 wird flächendeckend islamischer Religionsunterricht eingeführt. Parallel zum konfessionellen Religionsunterricht der Kirchen soll der islamische Unterricht benotet und auch für die Versetzung relevant sein. Unterrichtet wird auf Deutsch, von Lehrern, die in Deutschland ausgebildet wurden. Integrationsminister Armin Laschet sieht dies als einen Zwischenschritt auf dem Weg zum bekenntnisorientierten Islamunterricht im Sinne des Grundgesetzes.

Endlich, kann man da nur sagen. Natürlich wird dieses Zwitterwesen bis zur Ausbildung von genügend Lehrern eher der traditionellen Islamkunde ähneln. Natürlich werden sich viele Verbände beschweren, wenn ihre Ansichten nicht berücksichtigt werden. Der Vorteil dieser Konstruktion ist jedoch: Der Staat muss gar nicht alle Verbände unter einen Hut bekommen, weil das Fach formal kein Bekenntnisunterricht ist. Auch wenn es sich mit zunehmender Zahl von muslimischen Religionslehrern, die in Deutschland ausgebildet werden, in diese Richtung entwickeln wird. Mit oder ohne Grundgesetzänderung.

Der Zuspruch zur Islamkunde, die in dem Bundesland mit der größten muslimischen Bevölkerung bereits seit 1986 außerhalb des Regelunterrichts angeboten wird, gibt der Regierung recht: Die Eltern nehmen das Angebot an – 75 Prozent der muslimischen Schüler besuchen den Unterricht. Etwa 80 Prozent der Muslime fühlen sich zudem gar nicht von den muslimischen Verbänden repräsentiert, die so stark auf Mitsprache pochen, sich wiederum aber nie einigen können.

Vielleicht wird der Islamunterricht in Nordrhein-Westfalen ein Dauerprovisorium bleiben. Aber eines, das auf die Bedürfnisse vieler muslimischer Eltern zugeschnitten ist. Oder die Initiative zwingt die muslimischen Verbände zur Einigung, weil der Islamunterricht sonst ohne sie stattfindet.

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