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Mit seinen Islam-Äußerungen hat Gauck ein geteiltes Echo erzeugt.

© AFP

Integrationsdebatte: Gauck hat den Islam ersatzlos gestrichen

Erst die Sache mit der "Staatsräson", dann die Distanzierung von der Rolle des Islam in Deutschland: Joachim Gauck prägt keine Worte, sondern entprägt sie. Doch das ist zu wenig für einen Bundespräsidenten.

Für deutsche Spitzenpolitiker, die nach Israel fahren, steht die Choreografie fest. Erster Teil: Empathie, Zerknirschung und Treuegelöbnis in der Gedenkstätte Jad Vashem, poetisch-pathetischer Eintrag ins Gästebuch, Betonung der „einzigartigen Beziehungen zu“ und „besonderen Verantwortung für“ Israel, Verurteilung aller antiisraelischen Ressentiments, Verständnis für das Bedrohungsgefühl, Warnung vor Irans Atomprogramm. Ist der erste Teil absolviert, darf im zweiten Kritik geübt werden – an der Siedlungspolitik, dem stockenden Friedensprozess, begleitet von Sorgen über eine wachsende Kriegsgefahr und dem Einsatz für die „berechtigten Anliegen der Palästinenser“.

Die Reaktionen auf die Gauck-Äußerungen in Bildern

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich an dieses Skript gehalten. Er sagte das Richtige zur richtigen Zeit am richtigen Ort, sein gewinnendes Wesen trug zum Erfolg der Reise bei. Dennoch hat Gauck erste Zweifel an seiner Urteilssicherheit genährt. Das gilt zum einen für seine Distanz zur deutschen „Staatsräson“ in Bezug auf Israels Sicherheit, zum anderen für seine Abkehr von jenem Respekt, den sein Vorgänger, Christian Wulff, für die Religion des Islam in Deutschland bezeugt hatte. Ersatzlos streichen ist leicht. Doch ein Bundespräsident sollte den Ehrgeiz haben, Worte nicht nur zu entprägen, sondern zu prägen.

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