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Meinung: Internationale Krisen: Profis für den Frieden

Die Liste der gewaltsam ausgetragenen Konflikte ist ziemlich lang: Weltweit gibt es 35 ernste Krisenzonen. Die Regionen, auf die der deutsche Blick als Erstes fällt - Nahost, Balkan und im Wechsel Nordirland oder Spanien - stehen seit Monaten wieder unter Feuer.

Die Liste der gewaltsam ausgetragenen Konflikte ist ziemlich lang: Weltweit gibt es 35 ernste Krisenzonen. Die Regionen, auf die der deutsche Blick als Erstes fällt - Nahost, Balkan und im Wechsel Nordirland oder Spanien - stehen seit Monaten wieder unter Feuer. Die Schlagzeilen scheinen austauschbar zu sein. Ist die Welt gewalttätiger geworden? Vermutlich nicht. Ist der Rest der Welt gleichgültiger geworden?

Die nicht direkt Betroffenen jedenfalls reagieren hilflos. Diejenigen, die immerhin einen Ausweg suchen, wirken dabei seltsam halbherzig, fast egoistisch. Die USA engagieren sich wieder im Nahost-Friedensprozess. Ein bisschen. Ist es, weil sie ihr Gesicht nicht ganz verlieren wollen? Die Deutschen wollen sich in Mazedonien engagieren. Am liebsten aber nur ein bisschen. Weil sie nicht zu viel innenpolitischen Ärger riskieren wollen?

Die Deutschen engagieren sich diplomatisch auch in Nahost; das schon ein bisschen mehr. In erster Linie, weil Joschka Fischer die Rolle des Vermittlers zugefallen ist. Und obwohl ein Termin für ein Treffen Peres - Arafat nicht in Sicht ist, scheint es doch so zu sein, dass viele Menschen in der Region auf einen warten, der sich ihrer Sache annimmt. Wie vorher die USA: Als sie sich dort noch gewichtiger für den Frieden einsetzten, gab es weniger Gewalt, berichten frühere Sondergesandte. Es gab weniger Tote. Auf dem Balkan wurde es nach den Abkommen von Rambouillet und Dayton ruhiger. Diese Ergebnisse hochrangiger internationaler Vermittlung belegen: Die Welt benötigt Vermittler. Sie müssen deutlich in Erscheinung treten. Vermittler von Statur geben Streitenden das Gefühl, das Gehör zu finden, das sie sich sonst mit Bomben verschaffen wollen.

Wie aber findet man solche Friedenshelfer? Es lohnt ein Blick auf die ansonsten viel gescholtenen Opfer-Anwälte, die auf der ganzen Welt Entschädigungen einklagen: Sie sind Profis auf ihrem Gebiet. Sie nutzen Grundmuster, die sich wiederholen. Ihre Kompromisse für Schadenersatz und Schmerzensgeld folgen Regeln, die Wege sind trotz völlig verschiedener Fälle ähnlich. Diese Anwälte haben Erfolg. Kein Vorbild?

Nun ist ein Krieg kein internationaler Medikamentenskandal oder ein Seilbahnunglück. Doch auch bei Konflikten verfeindeter Gruppen finden sich Parallelen: Unabhängigkeitspläne, Landbesetzungen oder konfessioneller Streit. Vermutlich lassen sich daher auch Paralellen für deren Bewältigung finden. Warum sollte sich die Welt also nicht auch Anwälte des Friedens leisten? Ein internationales Team ehrlicher Makler, die Zeit aufbringen und für ihren professionellen Einsatz bezahlt werden?

Deutschland hatte schon mal einen Krisenmanager dieser besonderen Art: Hans-Jürgen Wischnewski, wegen seiner geschickten Makelei in der arabischen Welt bekannt als Ben Wisch. Heikle Missionen - etwa nach der Landshut-Entführung 1977 - waren lange das Markenzeichen des SPD-Politikers. Ein Krisenprofi mit weitreichenden Kompetenzen, Opfer-Anwalt der anderen Art. Ein für internationale Friedensbemühungen unvorstellbares Muster? Kein Vorbild?

Das Profil des Profi-Maklers für den Frieden könnte auch für die Truppen gelten, die solche Einsätze flankieren. Psychologisch speziell geschulte Soldaten, international für genau diesen Zweck aufgestellt und finanziert. Truppen, die nicht für jeden Fall aus einer nationalen Armee herausgelöst werden. Truppen, die nicht durch die so unterschiedlichen Aufgaben zu Hause und im Ausland zerrissen werden. Sie wären auf eine neue Weise Söldner: als Manager für den Frieden. Professionalität kann sich lohnen.

Für mehr als traurige Schlagzeilen.

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