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Meinung: Internationaler Terrorismus: Der kleine Terror und der große Terror

Seit dem 11. September kennen selbst hartgesottene Menschen dieses Gefühl, das einen zutiefst verunsichert, ja niederdrücken kann: Angst.

Seit dem 11. September kennen selbst hartgesottene Menschen dieses Gefühl, das einen zutiefst verunsichert, ja niederdrücken kann: Angst. Jede Nachricht über die drohende Gefahr durch "schlafende" Terroristen, jeder neue Fall von Milzbrand schockiert von neuem. Wir fühlen uns bedroht. Hysterie greift um sich. Es besteht kein Zweifel mehr: Der internationale Extremismus bekommt uns langsam aber sicher in den Griff, jedenfalls vorläufig, solange, wie wir uns noch nicht auf den neuen Schrecken eingestellt haben. Auch ohne weitere dramatische Anschläge auf die westliche Zivilisation lässt sich das nicht mehr so schnell rückgängig machen.

Das alles wissen auch die nicht-islamistischen Terroristen dieser Welt. Ja, es gibt sie noch, die baskische Eta, die katholische IRA und die protestantische Ulster Defence Association in Nordirland. Nach den Tragödien in New York und Washington dachte kaum noch jemand an diese kleinen Osama bin Ladens, die schon seit Jahrzehnten bomben und morden. Das neue Ausmaß der Verbrechen in den USA überdeckte schlichtweg die vielen "kleinen" Verbrechen, die ebenfalls im missbrauchten Namen der Freiheit, im Kampf gegen angebliche Unterdrückung begangen wurden - und weiterhin werden.

Denn ungeachtet aller weltweiten Proteste gegen jede Form des Terrors wollen die nicht-moslemischen Extremisten offenkundig weitermachen wie bisher. Am spektakulärsten meldeten sich am Wochenende die Etarras zurück. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie hätten auf einen Schlag Spaniens König und einen großen Teil der Regierung ermordet. Und auch in Nordirland steht der Waffenstillstand nur noch auf dem Papier.

Unfassbar, da sehen viele schon die Welt angesichts der Bedrohung islamistischer Fundamentalisten seit dem 11. September am Abgrund entlangtaumeln - und in Spanien, Nordirland und anderswo scheren sich die dortigen Gewohnheits-Terroristen einen Dreck darum. Haben die denn nichts aus den Ereignissen vom 11. September gelernt?, lautet die berechtigte Frage. Nein, haben sie nicht!, möchte man empört antworten.

Doch diese Antwort ist die der humanen, demokratischen Zivilgesellschaft, nicht die der blindwütigen Fanatiker. Sie denken eher in der Kategorie: Wir lassen uns doch von den "neuen" Terroristen nicht die Show stehlen. Andererseits fühlen sie sich vermutlich durch das amerikanische Inferno und seine Folgen geradezu bestärkt. Denn die moslemischen Extremisten haben nicht nur im Namen eines "Heiligen Krieges" massenhaft gemordet, sie haben auch dauerhaft Angst und Schrecken verbreitet. Genau dieses Ziel verbindet die Terroristen dieser Welt. Sie, die Brüder und Schwestern im Ungeiste, wollen schocken und verunsichern. Da kann man schon fast froh sein, dass es in Madrid "nur" eine Autobombe war und die Separatisten nicht versuchten, die Dimension des Anschlags von New York zu übertreffen. Schließlich ist Angst ihre gefährlichste Waffe. Furcht, so das Kalkül, ist "ihrer" Sache nützlich.

Wenn sie sich da mal nicht täuschen. Es ist nämlich ein Irrglaube, dass Angst die Menschen für die obskuren Ziele von Terroristen empfänglicher werden lässt. Das war schon vor dem 11. September nicht so und gilt seitdem erst recht nicht. Wenn es überhaupt eine Hoffnung machende Botschaft in diesen Tagen gibt, dann ist es die überraschend breite Front gegen den militanten Extremismus. Diese Solidarität werden auch Eta, IRA und die anderen zu spüren bekommen. Nicht heute oder morgen, aber schon bald. Die Bekämpfung des Terrors in Spanien oder Nordirland kann und wird man in Zukunft nicht mehr allein den betroffenen Ländern überlassen. Dazu ist die Gefahr weltweiter Kooperationen der Fanatiker einfach zu groß.

Noch etwas ist ganz anders als vor dem 11. September. Die gesellschaftliche Ächtung von Terroristen wird zunehmen. Welcher Baske etwa kann es heute noch mit seinem Gewissen vereinbaren, für die Eta auf die Straße zu gehen. Wohin blinde Wut führt, ist jetzt selbst dem engstirnigsten Rufer nach "Freiheit" klar.

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