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Irak: Auftakt zur nächsten Runde

Bush kommt, die Briten gehen, und in Washington wird weiter um den Irakkrieg gekämpft. Der US-Präsident zeigt sich dabei als ein Überzeugungstäter mit Stehvermögen, der keinen billigen Ausweg sucht.

Die wahre Antwort auf die zentrale Frage kennt nur einer: Glaubt George W. Bush noch an eine Wende im Irak, oder spielt er nur den Zuversichtlichen? Er sagt dazu nichts. Am Montag freut er sich erst mal diebisch, dass er alle überrascht hat.

Die Bilder, wie er die US-Truppen besucht, ganz der Oberkommandierende, der sich persönlich kümmert, und wie er mit Stammesältesten spricht, sind eine gute Vorbereitung für die entscheidende innenpolitische Schlacht. Am 11. September will er dem Kongress berichten, was die Truppenverstärkung seit Januar um 30 000 Mann gebracht hat. Mehr Sicherheit, weniger Selbstmordanschläge, eine langsame Wende, so intoniert es das Weiße Haus seit Wochen. Eine Bilanz aus dem Kongress selbst sieht es anders: Von elf versprochenen Zielen seien nur drei erreicht.

Sein Besuch kontert auch die anderen Bilder aus Irak, die vom britischen Rückzug aus Basra, der von scharfer Kritik britischer Ex-Generäle begleitet wird – Bushs Irakstrategie sei von Anfang an verfehlt gewesen. Das alles könnte den Eindruck erwecken, die USA stünden bald ganz ohne Verbündete da.

Im Detail stimmt keine der Bilderbotschaften. Bush ist nicht wirklich im Irak. Die Visite beschränkt sich auf einige Stunden Zwischenlandung in der Anbar-Provinz auf dem Weg zur Apec-Konferenz in Australien. Er verlässt den schwer gesicherten Flughafen im Westen Iraks nicht. Das wäre viel zu gefährlich. Von Basra und von der unruhigen Hauptstadt Bagdad ist er viele hundert Kilometer entfernt. Die Briten ziehen auch noch nicht aus dem Süden ab. Sie haben ihren Stützpunkt in einer Palastanlage Saddams direkt am Schatt al Arab an die Iraker übergeben und operieren künftig mit ihren 5000 Mann vom Flughafen aus. Aber wer will es so genau wissen? Die verkürzte Botschaft der TV-Bilder ist: Selbst wenn andere zweifeln oder gehen, der Präsident wirft sich persönlich in die Bresche. Er glaubt also noch an den Erfolg im Irak.

Die Kritik der britischen Ex-Generäle mag in Europa eine Nachricht sein. Die US-Medien haben sie ignoriert. Es ist ja auch nichts Neues daran. Nichts, was nicht bereits hundertmal en detail in den USA debattiert worden wäre.

Auch der Showdown zwischen Bush und der demokratischen Kongressmehrheit wird wohl wieder nur viel Lärm mit wenig Substanz bringen und das Patt verlängern. Bushs Fortschrittsbericht heißt im Kern: Die Lage ist jetzt ein bisschen weniger katastrophal. Aber eine Katastrophe bleibt sie doch. Die Demokraten werden sich weiter nicht trauen, ihm einen Abzugsplan aufzuzwingen, damit es nicht hinterher heißt: Sie seien, erstens, Schuld am chaotischen Ende und, zweitens, der kämpfenden Truppe in den Rücken gefallen.

Bush zeigt: Er ist ein Überzeugungstäter, er hat Stehvermögen. Wer glaubte, der Krieg sei einem leicht beeinflussbaren Präsidenten von Cheney und Rumsfeld eingeflüstert worden, muss sich korrigieren. Er sucht keinen billigen Ausweg. In ein paar Jahren, so hofft er immer noch, wird Irak in einem Zustand sein, der Saddams Sturz, das Blut und die Kosten rechtfertigt.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

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