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Rohani-Anhänger in Iran.

© AFP

Iran nach der Wahl: Zwei Drittel gegen das Regime

Die Iraner wollen eine Wende, die ihr Land endlich aus der Sackgasse herausführt. Und sie wollen endlich wieder leben als respektiertes Mitglied im Kreis der Völker.

Eines dürfte sicher sein – Irans Oberster Revolutionsführer Ali Khamenei hat dem neuen Präsidenten seine Stimme nicht gegeben. Anders als 18,6 Millionen Iraner. Mit einem spektakulären Triumphzug trugen sie Hassan Rowhani ins Präsidentenamt, den einzig moderaten unter den handverlesenen Kandidaten. Und addiert man zu dessen absoluter Mehrheit noch die Prozente für Teherans Bürgermeister Qalibaf, den viele wegen seiner Wirtschaftskompetenz schätzen, bekamen Irans Hardliner einen vernichtenden Volksentscheid präsentiert. Khamenei und seine Allianz aus Polit-Klerikern und Revolutionären Garden haben zwei Drittel ihrer Bevölkerung gegen sich. Zwei Drittel haben die Nase voll von der Politik des „Widerstandes“, dem großmäuligen Säbelrasseln und der selbstzerstörerischen Dauerfehde gegen den Rest der Welt. Und so sieht sich Irans Oberster Geistlicher, der bei der Stimmabgabe seine üblichen Höllenflüche gegen die USA ausstieß, mit einem neuen Präsidenten konfrontiert, der als Atomunterhändler für Kompromisse stand, der die historisch beispiellose Isolation seiner Heimat von Europa beklagt und Amerika direkte Gespräche anbietet.

Eigentlich wollten Khamenei und seine Getreuen diesmal nichts dem Zufall überlassen. Alles, was das Regime an Einschüchterung, Gängelung, Internetkontrolle und Pressezensur aufzufahren hatte, war vor der Abstimmung eingesetzt worden. Im Ergebnis jedoch tanzen nun erstmals seit Jahren wieder hunderttausende Bürger auf den Straßen, feiern sich und ihren Kandidaten Rowhani, strecken dem verhassten Regime ihre grünen und violetten Tücher entgegen. Sie fordern die Freilassung aller politischen Gefangenen und der beiden Ikonen der grünen Bewegung, Mir-Hossein Mussawi und Mehdi Karroubi, während die vom Regime aufgebotenen Heere an Geheimdienstlern unschlüssig herumstehen.

Die Hardliner haben sich mit ihrer aggressiven Atompolitik genauso verkalkuliert wie mit ihrem kriegerischen Syrieneinsatz und ihrer repressiven Innenpolitik. Irans Bankensystem steht vor dem Kollaps, die Ölexporte sind so niedrig wie seit 25 Jahren nicht mehr. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei nahezu 40 Prozent. Immer mehr Uran-Zentrifugen laufen, und immer mehr Fließbänder stehen still – so hatte Rowhani im Wahlkampf argumentiert. Das Volk antwortete ihm mit einem überwältigenden Ergebnis. Die Menschen wollen eine Wende, die ihr Land endlich aus der Sackgasse herausführt. Und sie wollen endlich wieder leben als respektiertes Mitglied im Kreis der Völker.

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