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Islamistischer Terror: Eine typisch deutsche Debatte

Auch im neuen Jahrzehnt wird die islamistische Terrorszene den Wahnsinn des angeblich heiligen Krieges fortsetzen. Die Drohungen von Al Qaida gegen die Botschaften der USA und Großbritanniens im Jemen künden von unvermindertem Furor. Deutschland debattiert derweil über die Einführung des "Nacktscanners". Ist der Streit der Dimension der Terrorgefahr angemessen?

Von Frank Jansen

Das Jahrzehnt ist vergangen, die Angst bleibt. Auch in der nun angebrochenen Dekade wird die islamistische Terrorszene mit Anschlägen, Geiselnahmen und anderen Verbrechen den Wahnsinn des angeblich heiligen Krieges fortsetzen – und womöglich noch steigern. Da reicht schon der Blick auf die vergangenen zehn Tage, um jede Hoffnung zu dämpfen, die Gefahr könnte in absehbarer Zeit nachlassen. Das nur durch den Mut eines Passagiers verhinderte Inferno in einem Flugzeug kurz vor Detroit, der Selbstmordanschlag mit 100 Toten bei einem Volleyballspiel in Pakistan, der knapp gescheiterte Angriff eines Islamisten auf den Dänen Kurt Westergaard, den Zeichner der Mohammed-Karikaturen, und die Drohungen von Al Qaida gegen die Botschaften der USA und Großbritanniens im Jemen künden von unvermindertem Furor. In dem Land halten zudem mutmaßlich islamistische Entführer eine deutsche Familie fest. Und wie reagiert die Bundesrepublik?

Hier wird heftig über die Einführung des „Nacktscanners“ debattiert. Das ist angesichts der rechtlichen und technischen Fragen zum Eingriff in die Intimsphäre von Passagieren an deutschen Flughäfen begreiflich – und scheint doch der Dimension der Terrorgefahr nicht angemessen zu sein. Schon aus pragmatischer Sicht. Wenn der Einsatz einer vermutlich in diesem Jahr ausgereiften, gesundheitlich unbedenklichen Technologie das Risiko mindert, ein Attentäter könnte mit Waffen oder Sprengstoff am Körper in eine Passagiermaschine gelangen, sollte der schnellstmögliche Einsatz logisch sein. Drastisch gesprochen: Lieber hundertmal gescannt als einmal in 10 000 Metern Höhe zerfetzt.

Der Streit um den Körperscanner wirkt zudem wie eine typisch deutsche Ein-Punkt-Debatte, auf die ein komplexes Thema verengt wird. Ein ähnlicher Fall ist der Ruf nach dem NPD-Verbot, wenn der Rechtsextremismus als besonders störend wahrgenommen wird. Die Herausforderung durch den islamistischen Terror dürfte jedoch der Bundesrepublik im neuen Jahrzehnt Leistungen abverlangen, die weit über die Einführung von Körperscannern hinausreichen.

Im Inneren mahnen Sicherheitsexperten schon lange, die Prozesse der Radikalisierung an Moscheen, in islamischen Zentren und in Universitäten müssten stärker beobachtet werden. Und es seien Programme notwendig, mit denen zumindest versucht wird, abdriftende Muslime wieder zu deradikalisieren. Zum Beispiel mithilfe gemäßigter Prediger, die Kontakt zu auffällig gewordenen Gläubigen suchen und die Widersprüche zwischen Islam und Islamismus thematisieren.

Die Bundesrepublik wird allerdings auch kaum der Notwendigkeit ausweichen können, über die Grenzen hinaus den Kampf gegen den Terror erheblich zu verstärken. Das betrifft vor allem den Umgang mit „failed states“, in denen sich Al Qaida und Verbündete einnisten. Wenn Deutschland nicht will, dass Terroristen wie die Entführer der deutschen Familie und der Beinahe-Täter von Detroit vom Zerfall des Jemen profitieren, muss überlegt werden, wie die einheimischen Sicherheitskräfte mithilfe der Bundesrepublik gestärkt und dabei auch rechtsstaatlich instruiert werden. Die Ausbildung von Polizisten durch deutsche Beamte, wie sie in Afghanistan praktiziert wird, mag noch kein Erfolgsmodell sein, doch sie könnte zu einem international einsetzbaren Präventionsprogramm gegen den Terror reifen. Ohne neue Ideen und mehr Engagement wird auch dieses Jahrzehnt eines der Angst.

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