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Israel: Premier im Übergang

Hat Benjamin Netanjahu aus den Fehlern seiner ersten Amtszeit gelernt? Er bekommt die Chance, es zu beweisen.

Netanjahu, der Staatsmann, oder Bibi, der Politiker? Der designierte israelische Ministerpräsident Benjamin „Bibi“ Netanjahu wird beweisen müssen, dass er aus den Fehlern seiner ersten Amtszeit als Regierungschef gelernt hat und fähig ist, das Auseinanderdriften einer Koalitionsregierung zu verhindern. Zusätzlich wird das Ausland von ihm Verhandlungen mit den Palästinensern verlangen – und auch entsprechende Fortschritte in solchen Gesprächen einfordern. Nur wenn ihm diese Quadratur des Kreises gelingen sollte, hat Netanjahu eine echte Chance, mehr als wieder nur ein Übergangspremier zu werden.

Die Chancen dafür sind nicht allzu groß. Während seiner ersten Amtszeit von 1996 bis 1999 versuchte Netanjahu mit allerlei Tricks und taktischen Manövern, den Annäherungsprozess im Nahen Osten zu stoppen. Das gelang ihm auch weitgehend. Andererseits trieb er die Verhandlungen mit Syrien weit voran und erwies sich den Palästinensern gegenüber zumindest als so pragmatisch, dass er das Wye-Abkommen unterzeichnete und Israel die alleinige Herrschaft über große Teile der Westbank-Stadt Hebron aufgab.

Das eine lässt Schlimmstes befürchten, das andere zumindest Hoffnungen aufkommen. Für Netanjahu ist es diesmal unendlich schwieriger, sich als weitsichtiger Staatsmann zu profilieren. Vor allem, wenn er gezwungen sein sollte, eine Regierung mit den ultrareligiösen und nationalistischen Parteien zu bilden. Ihm droht aber auch Ungemach, sollte es zu einer Mitte-rechts-Koalition unter Einschluss der liberalen Kadima-Partei kommen – und zwar aus der eigenen Likud-Partei. Die Palästinenserführung um Mahmud Abbas hat angekündigt, sie werde mit jeder israelischen Regierung kooperieren. Doch die Frage stellt sich genau andersherum: Ist eine Regierung Netanjahu fähig, mit den Palästinensern zusammenzuarbeiten? Im gesamten Wahlkampf hatte Netanjahu das Wort „Schalom“, Frieden, nicht einmal in den Mund genommen. Das war purer Opportunismus, denn die Wähler wollten nach zwei Kriegen sofortige Ruhe und Sicherheit und keine Versprechungen für einen fernen Frieden.

Doch falls es zu einer von den rechten Parteien dominierten Regierung kommen sollte, werden Israelis und Palästinenser auch die Hoffnung auf minimale Verhandlungsfortschritte begraben müssen. Und zwar nicht nur für die wohl kurze Amtszeit einer solchen Regierung, sondern darüber hinaus auch noch für längere Zeit. Denn solche Fortschritte setzen gegenseitiges Vertrauen voraus, zumindest gut gemeinte Absichten. Ersteres fehlt bei Netanjahu, Letztere würden seine Regierungspartner unterbinden. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass Netanjahu die politische Unmöglichkeit einer Rechtsblock-Regierung eingesehen hat und die potenziellen Koalitionspartner Kadima und Arbeitspartei sich zum Eintritt in die Regierung bereit erklären.

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