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Meinung: …Italien

über die Angst vor einem angekündigten Anschlag Das nächste Terrorziel heißt Italien.“ Das Plakat zeigt einen italienischen Soldaten, dessen Federbusch am Helm sich malerisch gegen den Sonnenuntergang abhebt.

über die Angst vor einem angekündigten Anschlag Das nächste Terrorziel heißt Italien.“ Das Plakat zeigt einen italienischen Soldaten, dessen Federbusch am Helm sich malerisch gegen den Sonnenuntergang abhebt. „Noi non abbiamo paura!“ (Wir haben keine Angst!), versichert die Nationale Allianz in markanten Lettern. In Italien blüht die Rhetorik – wie nach jedem tragischen Ereignis. „Wir sind alle Londoner!“, gibt sich die linke Tageszeitung „L’Unità“ ungewohnt britenfreundlich. Doch mit den Londonern teilen die Italiener derzeit vor allem eines: die Angst vor dem Terror.

Als wenige Stunden nach den Anschlägen von London ein Defekt in der elektronischen Schaltzentrale den gesamten Zugverkehr lahm legte, herrschte am römischen Bahnhof Termini Panikstimmung. An die verlautbarten „technischen Probleme“ mochte niemand glauben. Am Samstag wurde ein Terminal des römischen Flughafens Fiumicino wegen eines vergessenen Koffers geräumt. 500 Passagiere wurden evakuiert. 70 zusätzliche Wachleute sollen die zwei römischen U-Bahn-Linien kontrollieren, eine neue Software alle Kamerabilder analysieren, Polizeibeamte in Zivil die Autobusse überwachen.

Doch die Römer misstrauen den Versprechungen der Verkehrsbetriebe. „Als ich am Morgen nach den Anschlägen die U-Bahn benutzte, war alles wie immer: keine Fahrkartenkontrolle, in die Zeitung vertiefte Bedienstete, ein Heer von Wanderhändlern und Bettlern“, erregt sich ein Leser der Tageszeitung „La Repubblica“. Viele Italiener reagieren mit Lethargie auf die Rhetorik der Regierung. Den meisten ist längst Gewissheit, was der israelische Terrorexperte Ely Karmon prophezeit: „Der nächste Anschlag gilt Italien.“ Das mag auch Premier Silvio Berlusconi nicht beschönigen. Doch das Reizwort Irak vermeidet er. „Wir stellen weltweit das drittgrößte Kontingent aller UN-Friedensmissionen und sind daher gefährdet“, so der Regierungschef.

Der jüngsten Affäre um die Entführung eines ägyptischen Imams aus Mailand durch 13 CIA-Agenten hätte es gar nicht bedurft, um den Italienern vor Augen zu führen, dass ihr Premier sich in der Koalition der Willigen als Willigster gebärdet. Dass er nun seinen Freund George W. Bush in seine Villa an der Costa Smeralda eingeladen hat, lässt vielen Italienern die jüngste Warnung einer Al-Qaida-Gruppe als durchaus plausibel erscheinen: „Wir haben mit Berlusconi eine offene Rechnung zu begleichen.“

Gerhard Mumelter

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