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Meinung: Italienische Geschichte(n)

BERLUSCONI UND MUSSOLINI

Seine MussoliniÄußerung hat Italiens Premier Ärger in der eigenen Koalition eingebracht. Alessandra Mussolini von der postfaschistischen Alleanza Nazionale ist empört, dass Berlusconi ihren Großvater selig mit Saddam verglichen hat. Dabei hatte der nur gesagt, Italiens Faschismus sei eine „gutartigere Diktatur“ als die Saddams gewesen. Was den Rest Europas wiederum pikiert. Denn EU-Ratspräsident Berlusconi hat im Interview mit dem „Spectator“ eifrig Geschichtsklitterung betrieben: „Mussolini hat niemanden getötet.“ Und: „Mussolini hat die Leute weggeschickt, Urlaub in der Verbannung zu machen.“ Der Diktator als Reiseunternehmer: eine nette Umschreibung für die Verbannung, mit der Mussolini Oppositionelle abstrafte – wenn er gute Laune hatte. Hunderte andere wurden von faschistischen Kommandos ermordet. Ganz zu schweigen von den Hunderttausenden Toten der faschistischen Kolonialkriege und der italienischen Kriegsverbrechen in Russland, Jugoslawien, Albanien und Griechenland. Nachdem Berlusconi sein schwieriges Verhältnis zur juristischen Wahrheit an den Tag gelegt hat, hapert es nun auch bei der historischen. Was noch schlimmer ist: Hier spiegelt sich ein revisionistischer Trend, der seit Berlusconis Wahlsieg über das Land schwappt. Da werden Schulbücher umgeschrieben, faschistische Sprüche in Schulen freigelegt und Straßen in der Provinz nach faschistischen Politikern benannt. Die ermordete schwedische Außenministerin hatte Recht: Berlusconis Italien ist nicht der Ort, an dem Europas Verfassung unterzeichnet werden sollte. clw

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