zum Hauptinhalt

Meinung: Jeder Tag ist ein Joker

„Humanisten müssen zur Schule gehen“ vom 18. April In der Schweiz werden Jokertage in der Tat schon praktiziert, doch handelt es sich nur um eine festgelegte Anzahl Tage, die auf Antrag freigegeben werden.

„Humanisten müssen zur Schule gehen“ vom 18. April

In der Schweiz werden Jokertage in der Tat schon praktiziert, doch handelt es sich nur um eine festgelegte Anzahl Tage, die auf Antrag freigegeben werden.

Stehen Klassenarbeiten oder andere wichtige Termine an, kann man sich nicht durch einen Jokertag davon befreien. Alles andere würde auch die Schulorganisation unmöglich machen. Insofern unterscheidet sich diese Regelung von der deutschen Praxis nicht wesentlich, nur existiert dort eine Vorgabe für die Maximalzahl der Tage, und es handelt sich eher um zwei Tage als um zwölf.

Auch kann man diskutieren, ob nicht angesichts der problematischen Verdichtung der Schulzeit durch das Abitur nach der 12. Klasse nicht lieber jeder Tag genutzt werden sollte. Schon jetzt fallen zu viele Stunden durch Arbeitszeitreduzierung und fehlende Vertretungsreserve aus. Alternativ könnte man sich darauf einigen, alle Joker-, Ausgleichs- und sonstigen freien Tage zu bündeln und dafür auch noch die 12. Klasse zu streichen …

Am meisten hat mich die Argumentation der Klägerin gestört, dass „Schüler wegen der Religion ihrer Eltern bevorzugt werden“, weil sie weniger zur Schule gehen müssen, und ihrem Sohn ein Nachteil dadurch entsteht, dass er zur Schule gehen muss. Welches Verständnis von Schule steckt dahinter? Wenn es wirklich so eine Strafe ist, die Schule besuchen zu müssen, dann wäre die Abschaffung der allgemeinen Schulpflicht – eine der großen Errungenschaften unserer Gesellschaft – vielleicht die folgerichtige Forderung. Es mag um vieles in der Schule nicht ideal bestellt sein, aber besser wird es nicht dadurch, dass wir die Schule abschaffen. Dass Schüler nicht unbedingt gern zur Schule gehen, ist nicht neu. Wir sollten daran arbeiten, dass sich das ändert und dass sie dort tatsächlich etwas lernen, und wir sollten sie nicht in dieser Vermeidungshaltung unterstützen. Das gilt besonders für Eltern, die für ihre Kinder das Beste wollen.

Prof. Dr. Ulrich Kortenkamp,

Halle (Saale)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false