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Junge Minister: Neue Neider

Im öffentlichen Urteil über Politik und die dort Handelnden gibt es seit Kurzem eine neue Form des schnellen Neids. Bei manchen tarnt er sich als Sorge ums Gemeinwesen, bei anderen tritt er als offene Häme auf, beiden gleich ist der Anlass: das Alter oder genauer die Jugend, die da neuerdings an den Schaltstellen der Macht auftaucht.

Von Robert Birnbaum

Im öffentlichen Urteil über Politik und die dort Handelnden gibt es seit Kurzem eine neue Form des schnellen Neids. Bei manchen tarnt er sich als Sorge ums Gemeinwesen, bei anderen tritt er als offene Häme auf, beiden gleich ist der Anlass: das Alter oder genauer die Jugend, die da neuerdings an den Schaltstellen der Macht auftaucht. Der Verteidigungsminister Guttenberg – 37 Jahre. Der Gesundheitsminister Rösler – 36 Jahre. Die Familienministerin Köhler – sogar erst 32 Jahre. Ich bitt’ Sie, die können das gar nicht können! Kaum gerät so einer in Schwierigkeiten, senken unsere Schnellverurteiler sofort wieder den Daumen: Hamwa doch jesacht, zu jung!

Woher kommt das? Es ist noch nicht lange her, dass gesellschaftlich das schiere Gegenteil en vogue war. Da konnten die Verantwortlichen gar nicht jung genug sein; wer mit 30 noch nicht Chef von irgendwas war, durfte sich zum Alteisen zählen. Erst seit ein paar Jahren werden 50-Jährige wieder eingestellt, ohne dass ihr Arbeitgeber sich aus diesem Anlass für seinen ganz besonderen Edelmut feiern lässt. Die Älteren – notabene die Generation „Trau’ keinem über 30“ – haben aufgeatmet. Ist der neue Jugendneid also der Angst geschuldet, dass da die nächste Welle Jugendwahn sich aufbaut? Der Furcht der Älteren in einer alternden Gesellschaft, in der Arbeit obendrein zum immer knapperen Gut wird?

Andererseits stürmt einer wie Guttenberg die Beliebtheitslisten der Umfrageforscher – und das nicht trotz, sondern auch wegen seines Alters. Dem Freiherrn nützt die Anmutung des Unverbrauchten, Stürmischen, selbst des Rücksichtslosen. Dass so einer mal eben zu schnell urteilt und als nächstes wieder zu schnell sein Urteil zurücknimmt, schadet ihm beim großen Publikum nicht. Ein Älterer hätte ein ernstes Problem damit. Dem Jungen wird es offensichtlich als Sturm und Drang verziehen. Was übrigens den Neidern schon wieder neuen Grund zum Granteln gibt. Was der sich rausnehmen kann, ungestraft!

Halten wir vorläufig fest: Zwischen den Jungen und den nicht mehr so Jungen ist es grad mal wieder eher schwierig.

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