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Kanzler und Machtworte: Damit Ordnung herrscht

Schwarz-Gelb wird Rot- Grün immer ähnlicher. Zumindest wenn man sich die Zahl der vom amtierenden Kanzler verlangten Ordnungsrufe anschaut.

Gerhard Schröder kokettierte noch mit seinem gutsherrenartigen „Basta“, die FDP drückt es inzwischen gewählter aus. Gleich drei Mal haben ihre Spitzenvertreter in den vergangenen Tagen „Machtworte“ von Angela Merkel gefordert. Wobei nicht bekannt ist, ob sich dahinter wirklich der Wunsch nach einer Art deutschem Wladimir Putin im Kanzleramt verbirgt.

Überraschend sind die Erwartungen der liberalen Führungsspitze auf jeden Fall. Denn der Ruf nach „Machtworten“ ist historisch eher als Instrument der Opposition bekannt. Geschickt kann er von ihr benutzt werden, um Kanzlerautorität einzufordern – und sie im gleichen Zug zu beschädigen. Wer ein Machtwort einfordert, macht indirekt deutlich, dass er die Macht beim Adressaten längst am Schwinden sieht. Wirkliche Macht kommt ohne Machtworte aus.

Wie sollte Merkel auch ein Machtwort sprechen? Die Macht, die ihr das Grundgesetz mit der Richtlinienkompetenz verleiht, ist praktisch bedeutungslos. Es sei denn, die Kanzlerin würde auf Risiko gehen und im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. 2005, zu Beginn der großen Koalition, hatte Merkel angekündigt, dass sie ihre Richtlinienkompetenz im Zweifelsfall einsetzen werde – und es dann doch mit Helmut Schmidt gehalten, der 1982 sagte: „Ich habe bisher, in über acht Jahren, von der Richtlinienkompetenz nach Artikel 65 des Grundgesetzes keinen Gebrauch gemacht.“

Die Anziehungskraft von Machtworten mag also faszinierend sein, sie mögen Anhänger und Gegner verführen, die Erfahrungen früherer Kanzler dürften auf Angela Merkel aber ernüchternd wirken. „Wer mit meinen Richtlinien nicht einverstanden ist, der soll es sagen und gehen“, drohte Kurt-Georg Kiesinger, und war schon nach drei Jahren Kanzlerschaft Geschichte. Auch Helmut Kohl hat es einmal versucht. Er lasse sich nicht wie ein Tanzbär vorführen, polterte er 1988. Immerhin zehn Jahre amtierte er danach noch, weitere Machtworte von ihm drangen aber nicht an die Öffentlichkeit. Und Angela Merkel benutzt ohnehin eine eigene Sprache. Am Mittwochabend sagte sie beim Wirtschaftsrat der CDU: „Ich habe entschieden, unter Beachtung aller Umstände, dass dieses Programm, so wie wir es auf den Tisch gelegt haben, ein ausgewogenes, ein richtiges Programm ist.“ Wer weiß, ob nicht das schon ein Machtwort war?

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