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Arztwahl - eine Frage des Vertrauens.

© dapd

Kassenärztliche Vereinigung: Streit mit Gesundheitssenator

Im Streit ums Übergangsgeld wehren sich die Berliner Arzt-Funktionäre gegen einen Kompromiss mit dem Gesundheitssenator. Damit setzt die KV ihre Macht aufs Spiel.

Eine Weisheit in Verhandlungstaktik lautet: Willst du eine Einigung, dann lass’ nicht zu, dass der Streit zum Spiel um alles oder nichts wird. Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin kennt diese Regel offenbar nicht – oder er will im Streit um die Übergangszahlungen in Höhe von 550 000 Euro keine gütliche Einigung. Die dreiköpfige KV- Spitze hat den Zeitpunkt, bis zu dem die Sache mit etwas Kompromissbereitschaft schadlos aus der Welt zu schaffen gewesen wäre, jedenfalls verpasst. Jetzt geht es nur noch um Gesichtswahrung, um Gewinner und Verlierer. Verlieren könnte für den in der Kritik stehenden Vorstand bedeuten: zurücktreten zu müssen.

Auf der anderen Seite des Tisches sitzt Mario Czaja. Der CDU-Gesundheitssenator hat sich zwar relativ früh dafür ausgesprochen, dass die KV-Chefs die umstrittenen Gelder zurückzahlen sollen. Er sei der Ansicht, dass das Übergangsgeld ungerechtfertigt gezahlt wurde. Der Hintergrund: Die KV-Vorsitzende Angelika Prehn, der Vize Uwe Kraffel und das Vorstandsmitglied Burkhard Bratzke hatten 2011 die für die Arbeit in der eigenen Praxis gedachte Übergangszahlung aus der KV-Kasse von je 183 000 Euro erhalten, obwohl sie nach einer Wiederwahl noch sechs Jahre im Amt bleiben werden.

Eskalieren aber ließ der Senator den Streit lange nicht. Bis zur förmlichen Anordnung seiner Verwaltung an die KV-Chefs, das Geld zurückzugeben, vergingen Wochen, die man für eine Kompromisslösung hätte nutzen können, aber offenbar nicht genutzt hat.

Die Mitglieder im KV-Vorstand haben sich in den vergangenen Jahren einen soliden Ruf als Dickschädel erarbeitet. Da ist zum Beispiel die Beharrlichkeit, mit der sie die ambulanten Ärztehäuser in Regie von Krankenhäusern und Privatinvestoren mit dem Vorwurf der Falschabrechnung verfolgen. Oder die stoische Ruhe, mit der die Vorständler die Kritik von Hausärzten an einer angeblichen Dominanz der Fachärzte in der KV aussitzen.

Der Ruf des Gesundheitssenators muss sich erst noch entwickeln, er ist erst seit 90 Tagen im Amt. Aber sicher will Czaja nicht schon am Anfang seiner Amtszeit als Umfaller dastehen.

Also geht das Ganze wahrscheinlich vor Gericht. Der KV-Vorstand hatte schon vor einiger Zeit durchblicken lassen, dass man es darauf ankommen lassen könnte. Doch solche Verfahren dauern lang, und ein Weg durch mehrere Instanzen ist zumindest denkbar. Das bedeutet, dass die KV-Funktionäre in der nächsten Zeit mit sich selbst und ihren Arbeitsverträgen beschäftigt sein werden statt mit der Zukunftssicherung der KV. Denn die ist keineswegs in ruhigem Fahrwasser. Immer mehr Kassenärzte kritisieren die Zwangsmitgliedschaft in der KV, stellen deren Fähigkeit zur gerechten Verteilung der Honorare infrage. Manche wollen die KV ganz abschaffen und stattdessen lieber in kleineren Interessengruppen direkt mit den Krankenkassen über die Honorare verhandeln.

Und so könnte der Streit ums Vorstandsgeld für die ganze KV plötzlich zum Spiel um alles oder nichts werden.

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