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Meinung: Kein Paradies für Sünder

Die Kapitalertragsteuer ist gut – bringt aber kaum mehr Geld

So viel Beifall hat Gerhard Schröder schon lange nicht mehr bekommen. Kurz vor der Weihnachtspause präsentiert der Kanzler eine einheitliche Steuer auf Kapitalerträge, mit der er die leidige Debatte um die Vermögensteuer vom Tisch wischen will. Die Wirtschaft findet zum ersten Mal seit langer Zeit wieder versöhnliche Töne. Union und FDP stimmen den Plänen zu und signalisieren vorsichtige Zustimmung im Bundesrat. Die ersten Ministerpräsidenten freuen sich über eine neue Einnahmequelle. Ist jetzt also alles in Butter?

Kritik kommt nur aus den Reihen der Gewerkschaften. Eine sozial ungerechte „Mogelpackung“ schimpft IG-Metall-Vize Jürgen Peters, weil Vermögende nicht stärker an der Finanzierung staatlicher Aufgaben beteiligt würden. Er hätte sich die Vermögensteuer gewünscht. Auf den ersten Blick stimmt das. Wer ein hohes Vermögen hat, muss künftig weniger Steuern zahlen, nämlich nur noch 25 Prozent auf seine Zinserträge. Bislang waren es bis zu 48,5 Prozent, wenn der Spitzensteuersatz fällig wurde. Der Gewerkschafter übersieht allerdings etwas. Nicht jeder war in der Vergangenheit so ehrlich, in der Steuererklärung alle Kapitaleinkünfte anzugeben. Die neue Abgeltungssteuer setzt direkt bei der Quelle an. Die Banken führen die Steuern an die Finanzämter ab. Betrug ist nicht mehr möglich.

Um eine weitere Sorge der Gewerkschaften gleich zu entkräften: Auch Kleinsparer werden mit der neuen Steuer auf Kapitalerträge nicht schlechter gestellt. Wer bislang weniger als 25 Prozent gezahlt hat, wird auch künftig nicht stärker belastet. Die Sparerfreibeträge für Singles und Ehepaare bleiben erhalten. Der reflexhafte Vorwurf der Ungerechtigkeit ist deshalb falsch.

Steuerpolitisch sind die Pläne des Bundeskanzlers sinnvoll. Nach nervigen Steuererhöhungsdebatten präsentiert die Bundesregierung endlich mal wieder eine Steuer, die keine verkappte Steuererhöhung ist, sondern tatsächlich mal eine Vereinfachung des Systems darstellt. Die Abgeltungsteuer ist aus pragmatischen Erwägungen gut, weil sie leicht zu erheben ist – im Gegensatz zur Vermögensteuer. Außerdem führt ein einheitlicher Steuersatz zu mehr Transparenz.

Bleibt die Frage, ob die Steuer tatsächlich die erhofften Einnahmen in die Kassen der Finanzminister in Bund und Ländern spült. Im Inland kaum, weil Vermögende ja sogar entlastet werden. Die große Hoffnung ruht auf den Vermögen, die deutsche Bürger am Fiskus vorbei im Ausland geparkt haben. Der Kanzler zeigt sich zuversichtlich, dass durch milde Strafen gegenüber Steuersündern über 100 Milliarden Euro nach Deutschland zurückfließen könnten, die neue Steuereinnahmen bescheren würden. Ist diese Hoffnung begründet? Dafür sind die Pläne etwas zaghaft. Wer sein Vermögen aus dem Ausland zurückholt, muss davon ein Viertel an das Finanzamt abführen. Zehnmal so viel wie italienische Steuersünder, die ihr Geld von ausländischen Konten wieder nach Italien schaffen. Besser kommt nur weg, wer nachweisen kann, dass er in Deutschland schon einmal Steuern auf das im Ausland angelegte Geld gezahlt hat.

Es ist sinnvoll, Steuersünder mit einer Strafe zu belegen, damit nachher nicht der Ehrliche der Dumme ist. Der Preis für die Rückholung des Geldes könnte jedoch zu hoch sein, um Schwarzgeld-Konteninhaber zum Umdenken zu bewegen. Denn nicht nur die Regierenden, auch die Reichen rechnen.

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