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Immer schneller prasseln neue Geräte auf den Markt. Dieser Mann testet ein Coolpad 7290 auf einem Markt in Shanghai.

© Reuters

Keine Angst vorm Tempo: Technische Innovationen kommen immer schneller

Die Innovationszyklen bei Handys und Computern werden immer kürzer. Selbst Apple kann die hohen Erwartungen nicht mehr erfüllen, Verbraucher machen sich Sorgen um die Nachhaltigkeit. Doch wer Innovationen bremsen will, kämpft am falschen Ort.

Für viele Jugendliche ist das iPhone schon lang nicht mehr cool. Es gibt einfach zu viele davon. Allein in den vergangenen drei Monaten hat Apple knapp 48 Millionen Stück verkauft, als Besitzer zählt man nicht mehr zur Avantgarde. Das ist nur eine andere Ausprägung des Phänomens, das die Börse in den vergangenen Tagen mit dem Absturz der Apple-Aktie dokumentiert hat: Apple braucht dringend die nächste bahnbrechende Innovation, the next big thing, wie Steve Jobs gesagt hätte, sonst funktioniert das Geschäftsmodell nicht.

Was kommt als nächstes? Und wollen wir wirklich schon wieder ein neues Gerät? Die Innovationszyklen werden immer kürzer. Selbst Apple kann die enorme Erwartungshaltung der Märkte nicht mehr erfüllen. Auch viele Verbraucher erfüllt das Tempo mit Unbehagen. Ist es nachhaltig, spätestens alle zwei Jahre sein Mobiltelefon oder den Fernseher auszutauschen? Viele fürchten, dass eine zunehmende Zahl von Menschen von den neuen Entwicklungen ausgeschlossen bleibt, weil sie vom Tempo überfordert sind oder es sich schlicht finanziell nicht leisten können.

An das Tempo werden wir uns gewöhnen müssen. Es sind vor allem die Älteren, die sich beklagen. Den Jungen kann es gar nicht schnell genug gehen. Plötzlich ist es nicht mehr großen Konzernen vorbehalten, ein (digitales) Produkt zu erfinden und binnen Kurzem an Millionen Menschen auf der ganzen Welt auszuliefern. In Berlin arbeitet eine lebendige Szene von Entwicklern an neuen Anwendungen, die ohne Smartphones gar nicht möglich gewesen wären. Obwohl heute in einem Mobiltelefon mehr Leistung steckt als in den Computern, mit denen die Nasa Neil Armstrong auf den Mond geschickt hat, muss man kein Raketentechniker sein, um eines zu nutzen.

Auch das finanzielle Argument trägt nicht. Längst gibt es eine riesige Auswahl an Smartphones für jeden Geldbeutel. Die mobile Revolution ermöglicht Milliarden Menschen erst die Teilhabe, den Anschluss an die moderne Welt, den sie ohne mobile Verbindung zum Netz nicht hätten. In Afrika etwa können viele Menschen nur deshalb kommunizieren, lernen, sich informieren oder Geschäfte machen, weil es Mobiltelefone gibt. Ein Festnetz könnte niemand bezahlen. Als Gutenberg den Buchdruck erfand, gab es nur eine kleine Elite, die überhaupt lesen oder sich ein Buch leisten konnte. Doch keine Technik hat sich so schnell in allen Schichten verbreitet wie das Handy.

Die Entwicklung steht erst am Anfang. Die Möglichkeiten der mobilen Kommunikation sind längst nicht erschöpft. Mobiltelefone sind persönliche Begleiter. Sie produzieren Daten in jeder Sekunde, an jedem Ort, wo wir uns aufhalten. Wir werden in Zukunft anders kommunizieren, mit Menschen und mit Maschinen. Mit medizinischen Geräten zum Beispiel, die unseren Blutdruck messen und an den Arzt schicken, mit unserer Haustechnik, die wir aus der Ferne steuern.

Das eröffnet ebenso große Chancen wie Gefahren. Unstillbare Neugier auf Neues liegt in der Natur des Menschen. Der Schutz unserer Privatsphäre und unserer digitalen Güter sind aber Beispiele dafür, dass wir neue Regeln des Umgangs finden müssen. Wir sollten mehr Energie als bisher darauf verwenden, die neue Welt zu organisieren. Wer nur Innovationen bremsen will, der kämpft am falschen Ort – sie sind einfach zu verführerisch. Wie es das iPhone einst war.

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