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Meinung: Keine Frau? Dann ab zum Bund

Die Bundeswehr hat ein Rechtsproblem mehr

Es wäre an der Zeit für Peter Struck, in Sachen Wehrpflicht aufs Ganze zu gehen. Das hieße: uns mutig vorzutragen, weshalb nur eine Wehrpflichtarmee zu Beginn dieses neuen Jahrtausends im Stande ist, die grundgesetzlich gebotene Landesverteidigung zu sichern – und sei es auch die Landesverteidigung am Hindukusch. Doch statt aufs Ganze zu gehen, ist er jetzt auf das Letzte gekommen. Die Idee, Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern den Bund zu ersparen, zeigt, wie verwegen man sein muss, um den eklatanten Mangel an Wehrgerechtigkeit irgendwie zu kaschieren.

Der Bundesverteidigungsminister braucht die vielen Wehrpflichtigen nicht. Deshalb stellt er an allen möglichen Schräubchen, um sie laufen zu lassen. Junge Schwule mit festen Freunden müssen bald nicht mehr hin. Junge Heterosexuelle mit fester Frau auch nicht. Und junge Heterosexuelle mit fester Freundin? Die müssen. Peter Struck hat eine schöne neue Ungerechtigkeit produziert. Man darf gerne lachen: Das Verteidigungsministerium begründet die Bevorzugung eingetragener Homosexueller gegenüber nicht verheirateten Heterosexuellen sogar mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie. Das Vorhaben zeigt, wie dringend die Wehrpflicht in Deutschland ein neues Fundament braucht, politisch und rechtlich. Das rechtliche Problem tritt mit jedem Tag, an dem politisch nicht gehandelt wird, stärker in den Vordergrund.

Denn rechtlich ist der Wehrdienst eine Art Zwangsarbeit, eine Einschränkung des Grundrechts auf die freie Berufswahl. Es muss Argumente geben, die diesen Eingriff im Angesicht einer sicherheitspolitisch veränderten Weltlage rechtfertigen. Festzustellen, dass der Dienst beim Bund oder als Zivildienstleistender im Altenheim für junge Leute ein prima Sache ist und die Truppe so immer an frisches Blut und Hirn kommt, genügt dafür nicht. Die Last muss fair auf den Schultern der jungen Generation verteilt werden. Davon kann spätestens mit dem neuen Ehe-Kriterium keine Rede mehr sein.

Bei wenigen politischen Themen klaffen Recht und Wirklichkeit soweit auseinander wie bei der Wehrpflicht. Der Zivildienst ist länger als der Wehrdienst, obwohl im Grundgesetz das Gegenteil steht. Struck bestellt sein Personal nach Bedarf ein, obwohl ihm das Verfassungsgericht dies verboten hat. Frauen werden nicht einberufen, obwohl auch manche Männer schmale Schultern haben. Und Landesverteidigung endet natürlich an der deutschen Grenze und nicht am Hindukusch. Es gibt also, höflich gesagt, Legitimationsprobleme. Das Karlsruher Verfassungsgericht hat der Politik ausdrücklich Spielraum gegeben. Dies haben Regierung und Parlament bislang so interpretiert, dass man alles beim Alten lassen kann. Das aber ist ein Irrtum. Denn wie es ist, ist es verfassungswidrig – auch ohne ein Urteil.

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