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Retter des Nahen Ostens.

© dpa

Kerrys Diplomatie zwischen Israel und den Palästinensern: Schecks und warme Worte reichen im Nahen Osten nicht

"Uns läuft die Zeit davon“, sagt US-Außenminister John Kerry: Im Schatten der Syrienkrise drängen die Amerikaner auf Fortschritte beim Nahostkonflikt.

Syrien ist eine Tragödie. Mehr als 80 000 Tote. Millionen Menschen ohne Heimat auf der Flucht. Zerstörte Städte, keine Jobs, die Wirtschaft am Boden. Dazu Wut, Trauer, Angst und Misstrauen. Mehr als zwei Jahre lang tobt nun schon der blutige Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und den Aufständischen. Und es gibt keinen Grund zur Annahme, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern könnte. Im Gegenteil. Von Tag zu Tag wächst die Perspektivlosigkeit. Mehr noch: Der Konflikt hat die Landesgrenzen längst überwunden. Die ganze Region ist in Aufruhr. Ein gefährliches Feuer, angefacht nicht zuletzt von alten religiösen Rivalitäten zwischen Sunniten und Schiiten.

Doch im gleichen Maße, wie die Weltöffentlichkeit das Geschehen zwischen Damaskus und Homs gebannt verfolgt, verliert sie das Interesse an einer anderen Dauerfehde: dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Und diese Abwesenheit von Aufmerksamkeit tut den Kontrahenten womöglich gut. Denn sie schafft die Grundlage dafür, sich auf Wesentliches zu besinnen – ein halbwegs erträgliches Nebeneinander.

Da es aber ganz ohne Hilfe von außen nicht geht, haben die Amerikaner wieder mal den Job des Vermittlers übernommen. Mit einem entscheidenden Unterschied zu den unzähligen Malen, die diesem Schlichtungsversuch vorausgingen: Washington legt sich richtig ins Zeug. Und von allen Seiten wird der Obama-Regierung bescheinigt, dass sie derzeit ungewohnt umsichtig, ja überaus sensibel vorgeht. Bloß keine großen Erwartungen wecken, nicht auf unerfüllbaren Maximalvorstellungen beharren, lieber Minischritt für Minischritt. Hauptsache, Israelis und Palästinenser kommen endlich zur Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen kann. Dass der Status quo keine Lösung ist, sondern ein grundlegendes Problem. Dass die Abwesenheit von Frieden eigentlich Krieg bedeutet. Bliebe angesichts der Stürme in der Region alles beim Alten, würden beide Seiten auf der Verliererseite stehen.

Nun könnte man einwenden, dass sich nichts geändert hat, dass die einen weiterhin unbedingt am Siedlungsausbau festhalten wollen und die anderen unnachgiebig die Rückkehr von Millionen Flüchtlingen fordern. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn selbst Jerusalem und Ramallah können die Augen nicht davor verschließen, dass der Kampf in Syrien unter schlechten Umständen nur ein Vorbote ist für einen viel umfassenderen Konflikt. Einen, der – abgesehen vom Dschihad-Terrorismus – den ganzen Nahen Osten in den Abgrund stürzen lassen könnte. Und vielleicht wäre es dann schon besser, mit dem unmittelbaren Nachbarn mehr Einvernehmen herzustellen.

Dafür sind schmerzhafte Konzessionen notwendig – und eine Verhandlungsatmosphäre, die Zugeständnisse möglich macht. Hier kommt John Kerry ins Spiel. Dem amerikanischen Außenminister scheint es durch viel persönliches Engagement zu gelingen, Raum für Nachdenklichkeit und neue Ansätze zur Konfliktlösung zu schaffen. Der 69-Jährige setzt dabei vor allem auf die Macht des Geldes. Gerade den Palästinensern soll mit wirtschaftlicher Hilfe politisch Unliebsames schmackhaft gemacht werden. Man werde sich nicht kaufen lassen, heißt es zwar aus Ramallah. Doch wenn Kameras und Mikrofone abgeschaltet sind, dann ist zu hören, dass diese Methode sehr wohl Wirkung zeigt.

Nun weiß ein erfahrener Politiker wie Kerry, wie starrsinnig und widerspenstig die Kontrahenten sind. Verständnisvolle Schecks und warme Worte allein reichen nicht aus, um Israelis und Palästinenser wieder an einen Tisch zu bekommen. Es braucht ebenfalls klare Ansagen. Und die unverhohlene Drohung, dass Amerikas Geduld sich ihrem Ende nähert. „Die kommenden Tage werden entscheidend für die kommenden Jahrzehnte sein. Uns läuft die Zeit davon“, warnte Kerry. Gebe es jetzt keinen Erfolg, werde eine zweite Chance nicht mehr geben. Noch Fragen?

In dieser Woche reist Kerry wieder in den Nahen Osten. Sollten seine Vermittlungsversuche scheitern, wird eines niemand behaupten können: Amerika ist schuld.

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