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Kindergeld: Wurst oder trocken Brot

Die Union treibt die SPD in der Familienpolitik weiter vor sich her. Die CDU will das Kindergeld ab kommenden Jahr erhöhen, Peer Steinbrück hingegen gibt sich wenig diskussionsbereit.

Von Hans Monath

Die zaghafte Stellungnahme aus dem Finanzministerium war bemerkenswert: Schon lange trommelt Peer Steinbrück (SPD) seine Botschaft ins Land, wonach zehn Euro mehr Kindergeld die Lage von Kindern nicht verbessern und gerade von Unterschichteneltern nur für Zigaretten und DVDs ausgegeben würden. Deshalb will der SPD-Vizechef die knappen Mittel in Bildungs- und Kindererziehungseinrichtungen investieren.

Kaum wurde am Wochenende bekannt, dass die CDU zum 1. Januar 2009 ein höheres Kindergeld verspricht, verlautete aus Steinbrücks Haus nur, man wolle nicht voreilig über eine Erhöhung diskutieren. Von kämpferischen Argumenten gegen höhere Individualtransfers war plötzlich keine Rede mehr.

Womöglich ist die neue Zurückhaltung symptomatisch für die unglückliche Lage der SPD in der familienpolitischen Debatte, die ins Zentrum der politischen Auseinandersetzung rückt. Kurz vor der Hamburg-Wahl will die CDU sich nun als Garant staatlicher Wohltaten für Familien profilieren. Die Sozialdemokraten fürchten: Wenn die Konkurrenz so deutlich mit der Wurst winkt, könnte ihr Infrastrukturkonzept gerade für SPD- Wähler so verlockend erscheinen wie eine Scheibe trockenes Brot.

Seit die SPD vor zweieinhalb Jahren das Familienministerium an Ursula von der Leyen abgab, setzt die CDU-Ministerin viele Projekte um, die ihre SPD-Vorgängerin Renate Schmidt entworfen hat. Ein Gesicht der SPD-Familienpolitik gibt es seit dem Wechsel nicht mehr. Von der Leyen schmuggelte die SPD-Konzepte ins konservative Lager und macht seither Gesellschaftspolitik für viele Lager.

An einem Punkt hat die Familienministerin gegen die eigene Überzeugung dem Drängen der Kanzlerin nachgegeben, die den wertkonservativen Flügel der Union besänftigen wollte: Sie macht sich für das Betreuungsgeld stark, das als seltsame Gegenleistung für den staatlichen Krippenausbau die häusliche Erziehungsleistung von Müttern (und ausnahmsweise die von Vätern) finanziell belohnen soll.

Die SPD-Argumente gegen das Betreuungsgeld sind plausibel, denn sozial schwache und Migrantenfamilien könnten dem Fehlanreiz zum Verzicht auf die wichtige Einbindung der Kinder in Bildungseinrichtungen erliegen. Trotzdem ist es schlicht nicht vorstellbar, dass die Sozialdemokraten tatsächlich den milliardenschweren Ausbau der Krippen stoppen werden, nur weil die Ministerin eine Formulierung ins Gesetz schreibt, die rechtlich gar nicht verbindlich ist.

Auch die sozialdemokratische Warnung vor dem „Gießkannenprinzip“ beim Kindergeld ist teilweise berechtigt. Die Familienministerin aber will kinderreiche Familien durch eine stärkere Staffelung bevorzugen, was auch Familienforscher sehr empfehlen. Dieser wichtige Punkt fehlt im neuen Beschluss der CDU. Für von der Leyens Konzept, das wirklich Bedürftigen helfen soll, lässt das nichts Gutes ahnen: Im Herbst, ein Jahr vor der Bundestagswahl, wird die Union nicht nur Großfamilien, sondern allen Eltern mehr Geld versprechen wollen. Wenig spricht dafür, dass sich dann in der CDU noch die Klugheit gegen die Machtinteressen durchsetzen wird.

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