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Kirchner-Gemälde: Moral gut, Praxis nicht

Nie zuvor ist um die Rückgabe eines Kunstwerks aus ehemals jüdischem Besitz so erbittert gestritten worden wie im Fall der „Berliner Straßenszene“ von Ernst Ludwig Kirchner, dem Spitzenstück des Brücke-Museums.

Das Abgeordnetenhaus setzte einen Sonderausschuss ein, der den Verkauf von 1936 ebenso akribisch aufklären sollte wie das Gebaren von Senat und Verwaltung. Nun liegt das Ergebnis vor – und kann nicht befriedigen. Denn wirklich aufklären, wie es die wohlmeinenden Urheber der „Gemeinsamen Erklärung von Bund, Ländern und Gemeinden“ vom Dezember 1999 gehofft haben, lässt sich dieser Fall nicht mehr. Er bleibt in jeder Hinsicht mit Fragezeichen versehen. Der Grundsatz, im Zweifelsfall an Anspruchsberechtigte zurückzugeben, ist moralisch ehrenwert und aus der Verpflichtung der deutschen Politik gegenüber der NS-Vergangenheit her nur allzu verständlich. Nur genügt das Instrumentarium, wie der Fall Kirchner lehrt, bei weitem nicht. Die hochmoralische Grundsatzposition muss durch solide Verwaltungs- und Rechtspraxis unterbaut werden – ehe ein Kunstwerk, wie Kirchners Gemälde, im New Yorker Auktionshandel landet. BS

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