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SPD-Chef Sigmar Gabriel: Die Uhr tickt

© dpa

Koalitionsverhandlungen: Die Schicksalswoche der SPD

Dieser Tage entscheidet sich die Zukunft der Sozialdemokratie: Schafft die Partei ein einheitliches Ja zur großen Koalition? Oder war sie zuletzt nur Wegbereiter für ein mögliches schwarz-grünes Bündnis?

Eine Woche wie keine – die Woche der Entscheidung über die Zukunft der Sozialdemokratie. Um nichts weniger wird jetzt auch verhandelt in diesen Tagen zwischen den Unionsparteien und den Spitzengenossen. Die Arbeitsgruppen, die vielen, haben schon so häufig getagt, so viel Papier und so viele Wünsche produziert, dass es ein Zurück aus SPD-Sicht eigentlich nicht mehr geben kann.

Eigentlich. Wenn da nicht die Basis wäre, die noch befragt werden wird. Und an der sozialdemokratischen Basis gibt es viele, wachsend an der Zahl, die ganz und gar keine große Koalition wollen. Die argumentieren, dass sie doch nicht ein Jahr oder zumindest einige Wochen ihres Lebens für Wahlkampf gegen Merkel und die Ihren drangegeben hätten, nur um dann zuzustimmen und den Weg dafür freizumachen, dass einer wie CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt Bundesminister wird.

Ja, das ist die Gefühlslage, und die allein ist schon mal schlecht für die Führung. Hinzu kommt, dass es auch andere, sachlichere Argumente gibt, zum Beispiel, dass es sowieso irgendwann Rot- Rot-Grün geben kann, warum dann nicht jetzt, wo diese Konstellation doch schon eine Mehrheit hat. Überhaupt, diese Mehrheit, die seit Jahren aus Sicht wohl einer Mehrheit in der SPD missachtet wird. Oder die Sicht, dass Schwarz-Grün auf Bundesebene auch nur eine Frage der Zeit ist, nachdem schon der eingefleischte Konservative Volker „Buffi“ Bouffier jetzt in Hessen mit den Grünen zusammengehen wird.

Stimmt die SPD-Basis mit "Nein", dann müssen Gabriel & Co. gehen

Genau darum ist das die Schicksalswoche: weil erstens die gesamte SPD-Führung vom Vorsitzenden Sigmar Gabriel verhaftet worden ist, dennoch für Schwarz-Rot einzutreten; und weil die SPD zweitens insgesamt sehr aufpassen muss, nicht am Ende Schwarz-Grün im Bund alle Hürden weggeräumt zu haben in Verhandlungen, deren Ergebnis die Führung dann nicht umsetzen darf. So kann es ja auch kommen. Mit Hilfe der SPD hätte die Kanzlerin dann ihre Partei, die CDU, und die mit ihr verschwisterte CSU schon auf alle die Kompromisse eingestellt, die auch mit den Grünen nötig wären. Und da die Unionsführung mehrheitlich eher zu denen neigt als zu den Roten, wäre das im Ergebnis ein zusätzliches strategisches Desaster für die Zukunft – neben dem, dass eine ganze Führungsriege bei der SPD abgeräumt wäre.

Denn das ist mal klar: Sigmar Gabriel kann nicht im Amt bleiben, wenn das Mitgliedervotum gegen eine große Koalition ausfällt. Aber auch Olaf Scholz nicht. Und Hannelore Kraft auch nicht. Die können sich dann ebenfalls nicht aus der Verantwortung ziehen. Zumal ihre Wahlergebnisse als Vizeparteichefs soeben in Leipzig dafür auch viel zu schlecht waren, als dass sich einer von beiden noch Hoffnungen machen könnte. Oder sollte. Oder dass einer von beiden in Berlin die Bühne beherrschen könnte. Scholz hat es als Generalsekretär damals nicht geschafft, sondern einen nachhaltigen Eindruck als harter Funktionär hinterlassen; Kraft würde es als Vorsitzende auch nicht schaffen, wenn es nicht einmal ein so starker Regionalfürst wie Kurt Beck ohne Blessuren geschafft hat. Und so stark wie Beck ist Kraft nicht.

Die SPD-Führung weiß das alles – und jetzt muss sie es geschlossen wissen wollen. Angefangen vom Parteichef muss sie ihr Schicksal mit der Zustimmung zur großen Koalition und deren Gelingen verbinden. Öffentlich. Der Partei muss klar sein: In dieser Woche entscheidet sich alles für sie. Oder eben gegen sie.

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