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Koan Neuer: Die Bayern-Fans sind sich in dieser Personalie einig. Jenseits der Grenzen des Freistaats schüttelt so mancher darüber nur noch den Kopf.

© dapd

Kontrapunkt: Koan Bayern!

Jahrelang haben sich die Bayern in allem für die Besten gehalten. Ein paar Ereignisse und Erkenntnisse aus jüngster Zeit lassen bei Lorenz Maroldt allerdings Zweifel an dieser Sichtweise aufkommen. Und Guttenberg war nur der Anfang. Es geht immer noch schlimmer.

Ach, Bayern… Fast hätte es dieses seltsame Land geschafft, dass man als Preuße seinen Frieden damit macht. Ein paar Ereignisse und Erkenntnisse aus jüngster Zeit können einen allerdings davor bewahren – Pfiati! Wie blöd darf ein Bayer eigentlich gerade noch so sein? Blöde Frage: nach unten offen.

Bodenlos dämlich jedenfalls die tausenden Bayern-Fans, die beim Pokalhalbfinale den besten Torwart Deutschlands, wenn nicht der Welt, zur Sau machen wollten. Stattdessen machten sie sich selbst zum Horst. Manuel Neuer, den die Vereinsbosse gerne verpflichten wollen (oder das vielleicht sogar schon unter der Hand getan haben), wurde das ganze Spiel über beschimpft und ausgepfiffen und mit Frischobst beworfen, das alles unter dem organisierten und auf Papptafeln geschmierten Motto "Koan Neuer". Aber dann ging den Bayern, wenn man so will, die Kraft aus. Berlin, Berlin, da fahren wir nicht hin…

Von München aus pöbelt gerade auch Horst Seehofer herum, diesmal gegen ein paar Schwesterparteifreunde von der CDU. Dass Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bildungsministerin Annette Schavan dem Dr. a. D. Gutenberg in den Rücken gefallen seien, werde "ein Nachspiel" haben, droht der Ministerpräsident und CSU-Chef. Lammert hatte im Zusammenhang mit der Affäre von einem "Sargnagel für die Demokratie" gesprochen, wobei nicht ganz klar ist, ob er Guttenbergs Verhalten meinte oder die Stimmungsmache des Boulevards. Schavan hatte erklärt, dass sie sich "nicht nur heimlich schäme", wobei nicht ganz klar ist, ob sie sich für Guttenbergs Verhalten schämt oder für ihr eigenes Verhalten, weil sie die Sache ja erstmal in Merkelmanier herunterspielen wollte. Vor dem Nachspiel tönt Seehofer aber erstmal, die Rolle der CSU sei nach der Kabinettsumbildung eine stärkere geworden. Da hat offenbar der Föhn zugeschlagen. Geht’s noch?

Es geht. Immer noch schlimmer. Jahrelang haben sich die Bayern für die Besten gehalten, in allem, für so gut sogar, dass sie ihre tollen Universitäten nicht mit grenzdebilen Abiturenten aus sozialdemokratisch regierten Bundesländern infizieren wollen. Jetzt stellt sich heraus, dass eine gesunde Gesamtschulhalbbildung aus Hessen oder Nordrhein-Westfalen wahrscheinlich zur sofortigen Verleihung von Doppeldoktortiteln gereicht hätte. Aber auch wer sich einen Pseudodoktor aus dem Ausland verschafft, hat in Bayern bessere Karten als anderswo.

Der CSU-Politiker Andreas Scheuer etwa, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, hat in Prag den akademischen Grad eines "Doktor Filozofie" erworben, für einen sicherlich bedeutsamen Text über "Die politische Kommunikation der CSU im System Bayerns". Die Staatsanwaltschaft Passau ermittelte gegen Scheuer wegen des Verdachts der unbefugten Führung eines akademischen Grades, was strafbar ist. Das Verfahren musste allerdings eingestellt werden – wegen rechtlicher Besonderheiten im Land Bayern. Lassen Sie mich durch, ich bin Doktor b.c.! (bavarias causa)

Bleibt für heute noch das Hofbräuhaus, das am Alexanderplatz aufmachen soll, damit auch noch der letzte Berlintourist aus dem Ausland denkt, dass Deutschland eine einzige Blaskapelle mit angeschlossener Besäufnisanstalt ist. Aber das lenkt die Leute ja vielleicht von Kreuzberg ab, Friede den Hütten.

Was soll’s. Lasst den Bayern die Lederhose an! Sonst haben sie ja gar nichts mehr.

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