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Man kann eben nicht gleichzeitig den Medaillenspiegel anführen und gute Filme drehen, meint Matthias Kalle.

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Kolumne "Ich habe verstanden": Die deutschen Rodler: Könige der Langeweile

Olympia schenkt dem Fernsehen magische Momente. Es sei denn, ARD und ZDF zeigen Disziplinen wie Rodeln, in denen deutsche Sportsoldaten gut sind. Doch eine Nation kann eben nicht überall glänzen.

Am Mittwoch las ich von einer Umfrage, die festgestellt hat: Jeder vierte Deutsche vermisst die FDP – würde sie aber nicht wählen. Das klingt zunächst etwas schizophren, aber ich kann das verstehen. Die Haltung dahinter ist bekannt und im Alltag präsent. Die Frage ist nur, ob das gut oder schlecht ist.

Wahrscheinlich halten viele Deutsche vegetarische Ernährung für sinnvoll – jedenfalls mehr, als tatsächlich auf Fleisch verzichten würden. Die meisten sind wohl auch dafür, dass es weiterhin deutsche Filme gibt, obwohl sie sich im Kino dann doch lieber Blockbuster aus Hollywood anschauen. Obwohl: einer nicht. Der Sänger Jens Friebe stellte bereits 2004 auf einem seiner Lieder fest: „Es ist ja nicht so, dass mir alles aus Amerika gefällt / Doch das deutsche Kino ist nun mal das schlechteste der Welt.“

Das weiß ich gar nicht. Wahrscheinlich gibt es auf der Welt Orte, in denen noch schlechtere Filme gedreht werden als in Deutschland, vielleicht wollte Friebe nur, dass es sich reimt („gefällt – Welt“); außerdem liegt diese Behauptung jetzt bereits zehn Jahre zurück. Andererseits hat in dieser Zeit Matthias Schweighöfer sehr viele Filme gedreht. Nun ja. Schweighöfers Werke laufen ja nicht auf der Berlinale und angeblich sind da sehr viele gute Filme zu sehen, auch aus Deutschland.

Sport schenkt dem Fernsehen magische Momente

Ich schaffe es in diesem Jahr wieder nicht zur Berlinale. Wegen der Olympischen Spiele. Ich schaue ja dauernd Fernsehen, wenn Olympia ist, egal ob Winter- oder Sommerspiele. Natürlich habe ich dabei ein schlechtes Gewissen, wenn ich an Putin denke, an die Zustände in Russland, an das Zustandekommen dieser Olympischen Winterspiele im subtropischen Sotschi. Aber dann sehe ich die Curler und die Eiskunstläufer und Slopestyle und weiß wieder, dass der Sport immer noch in der Lage ist dem Fernsehen magische Momente zu schenken. Es sei denn, ARD und ZDF zeigen Disziplinen, in denen deutsche Sportler gut sind. Leider zeigen ARD und ZDF diese Disziplinen zu oft – es sind die langweiligsten bei Olympischen Winterspiele, deutsche Sportler sind nämlich vor allem in langweiligen Disziplinen gut (das gilt übrigens auch für die Sommerspiele): vor allem im Rodeln.

Ich will nicht falsch verstanden werden – Rodeln ist bestimmt eine technisch sehr anspruchsvolle Disziplin. Ein Rodler muss mit Sicherheit topfit sein. Höchstkonzentriert. Das Material muss stimmen. Macht alles Arbeit. Seit Jahren sind die Deutschen die führende Rodelnation. Das muss man sich mal vorstellen. Das sollte sich auch die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vorstellen, die ja mit Unterstützung von Bundespräsident Gauck gerne hätte, dass die Bundeswehr in Zukunft eine größere Rolle spielt und sich nicht mehr so oft raushält, wenn irgendwo auf der Welt ein Krisenherd entflammt. Aber muss die führende Rodelnation in Mali oder was weiß ich wo noch wirklich präsent sein? Viele Wintersportler sind ja Bundeswehrsoldaten, ohne die Unterstützung der Bundeswehr würden die Deutschen den Medaillenspielgel nicht anführen. Man muss eben auch Prioritäten setzen: Tolle Filme drehen? Spannende Sportarten können? Krisenherde entschärfen? Oder als führende Rodelnation den Medaillenspiegel anführen?

Eigentlich bin ich gerade ganz zufrieden.

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