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Barack Obama.

© dpa

Kolumne: Ich habe verstanden: Manchmal bin ich unverstanden

Ja, richtig, Matthias Kalle hat etwas mit Präsident Obama gemein. Ist er ebenso charismatisch? Vielleicht. Vor allem aber ähnlich unverstanden. Manchmal. Dafür hat er einen hervorragenden Musikgeschmack.

Menschen, die regelmäßig diese Kolumne lesen, kommen bisweilen zu folgenden Schlüssen über den Autor – demnach bin ich: Ein relativ alter Mann, so Ende 40, mit einem sehr schlechten, wenn nicht gar keinem Musikgeschmack. Darüber hinaus habe ich keine Ahnung von Kindern und in keinem Fall selber welche. Von Humor sollte ich außerdem tunlichst die Finger lassen – das ist nämlich noch so ein Gebiet, wo ich mich überhaupt nicht auskenne (über „Männern“ weiß ich auch nix).

Außerdem schaue ich viel zu viel fern, habe eine Obsession bezüglich „Wetten, dass...?“, beherrsche die deutsche Rechtschreibung nur rudimentär, schreibe andauernd Sachen, die ein „ordentlicher“ Journalist nicht schreiben darf – und manchmal scheint sogar irgendwer anderes unter meinem Namen diese Kolumne zu schreiben. Ach ja – ich halte auch die Homo-Ehe für das wichtigste Thema überhaupt (neben dem Zivildienst, den ich nachträglich verkläre).

Unnötig zu erwähnen, dass ich nie recht habe, alles falsch sehe, und dass das ja auch Grund genug ist, um immer mal wieder bei der Chefredaktionen meinen sofortigen Rausschmiss zu fordern. Vor allem, weil ich ja auch andauernd Zeilen schinde und meine Texte unnötig in Länge ziehe, Zeilen schinde, Texte in die Länge ziehe, Zeilen schinde, Texte in die Länge ziehe...

Ich lese wirklich alle Onlinekommentare, und ich bin davon überzeugt, dass die direkte Kommentierung eher ein Segen als ein Fluch ist. Kritik muss man aushalten, sonst hat man den falschen Job. Es gibt natürlich auch Kommentatoren, über die ich mich jedes Mal freue, aber ich werde jetzt nicht die Namen dieser Kommentatoren nennen. Und immer, wenn sich einer über mich ärgert, dann denke ich darüber nach, was ihn eigentlich so ärgerlich gemacht hat – meistens komme ich dann aber nicht drauf.

Ich lese dann meinen eigenen Text noch mal und versuche zu verstehen, worüber sich andere jetzt eigentlich so aufregen. Und nehme mir dann immer wieder vor, dass ich mich nächstes Mal noch genauer ausdrücke, damit keine Missverständnisse entstehen.

Aber vielleicht erwarten die Menschen auch generell einfach zu viel. Vielleicht möchten einige ja tatsächlich, das diese kleine Kolumne ihr Leben ändert – oder aber, und das sind auch einige, dass ich zumindest genau das aufschreibe, was sie gerade denken. Manche Kolumnisten sind mit dieser Methode sehr erfolgreich.

Also ist eventuell die Erwartungshaltung an diese Kolumne zu hoch. Wie bei Barack Obama. Nach dessen Rede am Brandenburger Tor wurde quasi nur genörgelt, dass er keinen großen historischen Satz gesagt habe. Dabei sind Obama und seine Redenschreiber vielleicht auch nur zu schlau und wissen, dass man „Ich bin ein Berliner“ von John F. Kennedy einfach nicht toppen kann, dass alles, was sich auch nur nach dem Versuch anhört, sofort scheitern würde. Dann, so denken die sich das möglicherweise, könne man das auch gleich lassen. Dass Obama aber gleich zu Beginn einen relativ guten Gag gemacht hat („Angela and I don't exactly look like previous German and American leaders.“) ist doch auch nicht ganz verkehrt.

Ich will mich nicht mit Barack Obama vergleichen, wenn dieser Eindruck entstanden sein sollte, dann tut es mir leid, das war nicht meine Absicht. Aber Obama und mir scheint es zunehmend schwerer zu fallen, die Menschen zufrieden zu stellen. Wir können beide machen was wir wollen – immer ist irgendwas. Obama müsste schon endlich Guantanamo schließen, damit die Menschen nicht mehr meckern. Aber ich? Was soll ich denn bloß machen?

Übrigens: Ich bin gar nicht so alt und habe einen hervorragenden Musikgeschmack.

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