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Hoher Fall: Der Präsident des FC Bayern ist am Donnerstag wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

© dpa

Kolumne "Ich habe verstanden": Uli Hoeneß´ beste Werbung

Mode kann hochpolitisch sein. Images können das auch. Das zeigt nicht nur der Versuch von Lonsdale, das Image als Marke der Rechten loszuwerden, sondern auch der Fall Uli Hoeneß, kommentiert Matthias Kalle. Mit einem Unterschied: Seine Erklärung, nicht in Revision zu gehen, leistet wahrscheinlich mehr, als jede Werbekampagne.

Am Mittwoch habe ich gelesen, dass der britische Sportartikelhersteller Lonsdale versucht, sein Image als Marke von Rechtsextremisten loszuwerden. In den vergangenen Jahren trugen Neonazis gerne die Pullover von Lonsdale, weil man, wenn man die Jacke drüber offen ließ, die Buchstaben NSDA lesen konnte. Das P musste man sich allerdings dann noch dazu denken. Einfacher machte das haltungsbewussten Neonazis die Marke mit dem Fantasienamen „Consdaple“, gegründet von einem Funktionär der NPD.

Die Firma Lonsdale konnte nie etwas für die Vereinnahmung ihrer Produkte durch Neonazis, ebenso wenig die Firmen Fred Perry und New Balance. Aber während Fred Perry schon seit Jahren als Hipster-Marke gilt und es New Balance alle 15 Jahre schafft für eine Saison die „coole“ Turnschuh-Marke zu sein, lies man von Lonsdale doch lieber die Finger. Jetzt sponsert der britische Sportartikelhersteller die Fußballvereine SV Babelsberg und Roter Stern Leipzig, traditionell eher linke Clubs.

Markenaneignung und Imageaufbau

Heißt das aber nicht eine Kehrtwende? Irgendwie nicht: Nachdem sie in den 60er Jahren gegründet wurde, stattete sie zum Beispiel Muhammad Ali aus – der Weg in die Mode kam dann schnell: Farbige Migranten, die damals in England die subkulturellen Szenen um Northern Soul und Ska prägten, trugen Lonsdale, es folgten die Jugendlichen aus der Arbeiterschicht, die (unpolitischen – und wenn dann eher linken) Skinheads und Mods. Manchmal ist diese Sache mit der Mode eben doch höllisch kompliziert und zum Teil hochpolitisch.

Ähnlich geht das mit dem Image: Wer eins hat – selbstverschuldet oder nicht – hätte gerne ein anderes. Wer keines hat, hätte gerne eines. Die Supermarktkette Edeka ist, nun ja, eine Supermarktkette, Menschen gehen da hin, um Lebensmittel zu kaufen. Zu Edeka gehen sie zum Beispiel, wenn es dort Sonderangebote gibt oder wenn es bei ihnen um die Ecke einen Laden gibt. So denke ich mir das, aber ich denke wahrscheinlich wie immer viel zu einfach. Edeka hat sich jetzt einen Mann namens Friedrich Lichtenstein besorgt, mit dem sie mehrere Clips aufgenommen haben, in dem Lichtenstein verschiedene Edeka-Produkte begutachtet und zu dem kenntnisreichen Urteil kommt „supergeil“. In einem dieser Clips geht das drei Minuten lang, da ist Klopapier supergeil, ein Dorsch, Cookies – und das erstaunliche ist eigentlich, dass man mit dem Wort „supergeil“ seit 1984 überhaupt noch irgendwas verkaufen kann. Die Edeka-Kampagne jedenfalls finden sehr viele Menschen sehr toll, bestimmt auch einige, für die „supergeil“ eine neue Wortschöpfung ist – aber auch solche, die die TV-Serie „Ein Colt für alle Fälle“ oberaffentittenhammergeil gefunden haben. Ich bin ja eher der Typ, der froh ist, wenn einiges einfach vorbei geht.

Uli Hoeneß scheint da ein ähnlicher Typ zu sein. Nachdem es noch am Donnerstag als ausgemacht galt, das er gegen das Urteil in seinem Steuerprozess in Revision gehen würde, meldete er sich am Freitag zu Wort: „Ich habe meine Anwälte beauftragt, nicht dagegen in Revision zu gehen. Das entspricht meinem Verständnis von Anstand, Haltung und persönlicher Verantwortung.“

Zwei Sätze, die wahrscheinlich mehr tun für das Image von Uli Hoeneß, als sich das jede Werbekampagne ausdenken könnte.

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