zum Hauptinhalt

Kommentar: Griechenland-Krise - Kanzlerin muss entschlossen handeln

Die Euro-Zone droht zusammenzubrechen. Nach Griechenland bekommt nun auch Portugal Schwierigkeiten am Kapitalmarkt. Deutschland muss nun schnelle Hilfe ermöglichen. Ein Kommentar.

Die Schuldenkrise der Euro-Staaten hat eine neue, bedrohliche Stufe erreicht: Nicht nur Griechenland bekommt am Kapitalmarkt praktisch keine Kredite mehr. Auch Portugal gerät zunehmend ins Schleudern. Spätestens jetzt muss die deutsche Regierung alles daran setzen, dass die Hilfen für Athen schnell überwiesen werden.

Vor allem auf die Kanzlerin kommt es jetzt an. Seit Tagen lässt sie zu, dass führende Koalitionspolitiker immer neue Bedingungen für die Kredite an Griechenland formulieren. Mal fordert der Fraktionschef der Union, Volker Kauder, man müsse eine Umschuldung Griechenlands – also einen teilweisen Verzicht der Gläubiger - in die "Überlegungen mit einbeziehen". Ganz so, als sei dies nach dem Pakt der Euro-Staaten von vor zwei Wochen im nationalen Alleingang denkbar. Tags darauf lässt der FDP-Politiker Jürgen Koppelin wissen, Deutschland müsse den Griechen gegebenenfalls absagen, wenn diese nur ankämen, "um von der Euro-Zone günstiger Geld zu bekommen als von Banken". Angela Merkel könnte die Debatte mit einem Machtwort beenden. Stattdessen ist sie selbst uneindeutig und weckt Zweifel, ob Deutschland nicht doch noch die Hilfen zurückhält.

Das Zögern der Kanzlerin hat nicht nur innenpolitische Gründe. Merkel will den Griechen ein langfristiges Sparprogramm abringen, das nicht nur für ein Jahr, sondern für drei Jahre gilt. So ein harter Kurs hat aber erhebliche Nebenwirkungen. Die Angst vor einem Staatsbankrott ist an den Märkten auch wegen der zögerlichen Haltung Deutschlands gewachsen. Längst fordern die Anleger nicht nur auf griechische Anleihen erhebliche Risikoaufschläge, sondern auch auf portugiesische und spanische.

Zwar stehen beide Länder noch immer besser da als Griechenland. Noch bekommen sie am Kapitalmarkt Kredit. Auch sind Spaniens Schulden weit geringer als jene der Griechen. Dennoch wächst die Gefahr, dass weitere Teile der Euro-Zone in die Spirale aus hohen Schulden und steigenden Zinsen geraten. Die Zinsen für portugiesische Staatsanleihen liegen bereits jetzt doppelt so hoch wie im Durchschnitt der letzten zwölf Monate.

Niemand kann mit Sicherheit sagen, dass die Notkredite für Griechenland den Brand löschen. Langfristig wird entscheidend sein, dass die Länder der Euro-Zone wieder schneller wachsen und die betroffenen Länder konsequent sparen – eine schwer lösbare Aufgabe. Kurzfristig aber müssen die Länder des Euro-Raums der Sorge entgegen wirken, ein Land innerhalb der Währungsunion könnte fallen.

Auch deshalb schadet die Diskussion um einen Gläubigerverzicht, wie ihn der CSU-Finanzexperte Hans Michelbach und Teile der SPD fordern. Zwar ist der Wunsch berechtigt, die Banken an den Kosten der Rettung zu beteiligen. Eine Umschuldung der griechischen Staatsschulden aber würde den Rettungsplan der Euro-Staaten konterkarieren. Dieser soll ja eben dafür sorgen, dass die Anleger ihr Geld nicht verlieren, damit an den Anleihemärkten nicht Panik ausbricht. Verlieren die Investoren jedoch durch eine Umschuldung richtig Geld, werden sie sich erst recht nicht bereit finden, in griechische Staatsanleihen zu investieren, ebenso wenig wie in portugiesische, italienische oder irische.

In der Folge könnten weitere Länder auf Stützungsgeld aus der Euro-Zone angewiesen sein, weil sie sich am Kapitalmarkt nicht mehr finanzieren können. Für einen kleineren Staat wie Griechenland mag das Geld der Euro-Länder noch reichen – nicht aber für Spanien, Portugal oder Irland.

Die Kanzlerin muss deshalb endlich auch daheim überzeugend erklären, warum Griechenland schnell geholfen werden muss. Und sie muss den Kampf mit dem Boulevard – vor allem der Bild-Zeitung – aufnehmen, der seit Tagen mit allen Mitteln Ressentiments gegen Griechenland schürt. Dass Deutschland einem Land aus seiner selbstverschuldeten Misere hilft, mag schwer zu kommunizieren sein, erst recht vor der strategisch wichtigen Wahl in Nordrhein-Westfalen in wenigen Tagen. Aber das Thema ist mittlerweile zu ernst, als dass es für einen deutschen Landtagswahlkampf zu gebrauchen wäre.

Quelle: Zeit online

Philip Faigle

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false