zum Hauptinhalt
Linken-Vorsitzende Gesine Lötzsch und SPD-Chef Sigmar Garbiel: Zur Zusammenarbeit verdammt, um erfolgreich zu sein?

© dpa

Kommunismus-Debatte: SPD wird sich die Tür für Linksbündnis offenhalten

Die Kommunismus-Äußerungen von Gesine Lötzsch lässt die SPD nun wieder rufen, dass mit solch gestrigen Gesellen im Bund nichts zu machen sei. Doch wenn sie kann und muss, wird die SPD es dennoch tun. Ein Kommentar.

Von Matthias Meisner

Ist Horst Ehmke, bis 1974 Bundespostminister unter Helmut Schmidt, ein Kommunistenfreund? Zumindest hat der SPD-Politiker, damals oberster Dienstherr der Deutschen Bundespost, kurz vor Ende seiner Amtszeit in der Serie „Bedeutende deutsche Frauen“ eine Briefmarke zu Ehren von Rosa Luxemburg verantwortet – und die Kommunistin als Vertreterin des „proletarischen Internationalismus“ geehrt.

Die Linken-Vorsitzende Gesine Lötzsch hat die westdeutsche Marke in ihrem neuen Newsletter eingescannt. Sie und ihre Partei sind gerade selbst erschüttert worden wegen des Verdachts, den Kommunismus verklären zu wollen. Sehr schnell kann so jemand in einen Strudel geraten, erlebt Lötzsch – die sich bislang im Schatten des glücklosen Ko-Vorsitzenden Klaus Ernst noch vergleichsweise gut behauptet hat.

Aber jetzt mag die komplette Linken-Führung niemand mehr für voll nehmen, fast Sehnsucht macht sich breit nach der Führungsstärke Oskar Lafontaines. Die schwächelnde Linke gibt eine schöne Projektionsfläche für die SPD, die nun wieder rufen kann, dass mit solch gestrigen Gesellen im Bund nichts zu machen sei. Zweifel an der demokratischen Grundorientierung ortet Sigmar Gabriel bei den Linken. Und der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier betont: „Sollte das Führungspersonal der Linkspartei 2013 den Kommunismus als Ziel ihrer Politik ausgeben, wird sie in der deutschen Politik keine Koalitionspartner finden.“

Ja, und wenn nicht? Was, wenn sich bei der anstehenden Landtagswahl im März in Sachsen-Anhalt die Genossen der Linken als ähnlich pragmatisch erweisen wie die in Berlin und Brandenburg? Wenn SPD und Linkspartei beim Mindestlohn nur über die Höhe streiten, beim Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan über den Zeitpunkt und bei Hartz IV über die richtigen Sätze? Dann kann es doch schnell gehen – und ganz anders kommen. Rot-Grün, das sich so verschworen gibt, hat die eigene Mehrheit im Bund nicht sicher. Die SPD wird sich die Tür für ein Linksbündnis aufhalten – und das um der eigenen Glaubwürdigkeit willen dem Wähler auch sagen müssen.

An diesem Montag trifft sich die Linkspartei zu ihrem politischen Jahresauftakt in der Kongresshalle am Berliner Alexanderplatz. Die Generalprobe dazu wurde vermasselt, wird Gregor Gysi seinen Anhängern sagen. Er setzt jetzt auf die Premiere – und darauf, dass SPD und Grüne ihre Arroganz noch ablegen werden.

In Nordrhein-Westfalen wird schon fleißig geübt. SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kann dort seit Sommer mit den Grünen nur deshalb so reibungslos regieren, weil die Linkspartei die Minderheitsregierung zulässt. Kraft muss dafür allerlei krude Sprüche ertragen. „Kleingeistig und hasserfüllt“ hat die NRW-Linke erst am Wochenende die Kritik an Lötzsch genannt. „Kommunismus ist die Vision von Frieden und Gerechtigkeit“, schreiben die Genossen. Kraft regiert trotzdem weiter. Auch Sozialdemokraten können also ein Auge zudrücken. Und wenn es das linke ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false