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Konservative in Deutschland: Es tut sich was am rechten Rand

Was ist konservativ? Und wo ist das Konservative zuhause? In der Union? Hat die nicht gerade ihre konservativen Wurzeln arg beschnitten? Auf jeden Fall ist am rechten Rand neuerdings Platz. Und die Frage ist, wer ihn füllen wird. Verantwortungsvoll. Nicht anti-aufklärerisch.

Der politische Konservativismus ist heimatlos. Oder, genauer: Er sucht eine Heimat. Und genau das ist das Phänomenale der gegenwärtigen Situation. Am rechten Rand, hinter der Wand, tut sich etwas. Die Alternative für Deutschland könnte – ja, doch – eine wirkliche Alternative werden für die, die sich in CDU und CSU nicht mehr heimisch fühlen, wenn selbst eine CSU als vermeintlich konservative Volkspartei erratisch, sprunghaft, spontihaft wirkt. Eine Stigmatisierung der Alternative taugt dann nicht mehr, zumal jetzt, da sie mit den britischen Konservativen in einer Fraktion verbunden ist.

„In einer so schnell sich verändernden Welt kann nur bewahren, wer zu ändern bereit ist. Wer nicht verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“ Ein Satz von Gustav Heinemann, den Rita Süssmuth zu ihrem politischen Credo machte. Heute erscheint es so, dass Konservative an nichts mehr glauben. Außer vielleicht an den Zeitgeist.

Veränderung an sich ist noch kein Wert

Im Unterschied zu Liberalismus und Sozialdemokratismus ist der Konservativismus mehr Haltung als politisches Versprechen. Nur im Gegensatz zu dem, was seine Gegner intellektualisierend behaupten, ist er nicht quasi anti-aufklärerisch. Seine Gedankenwelt ist nicht weniger komplex, denn auch er ist von diesen Fragen geprägt: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Das sind Fragen, die, wohlbeantwortet, die Zivilgesellschaft vorwärts bringen.

Es geht nicht um irgendeine Ordnungsidee, die in schlichtem Geiste immer bloß weiter tradiert wird, und sei sie überholt. Sondern es geht um Positionen auf der Grundlage einer Haltung, die dem Bedenken, dem Durchdenken Raum gibt. Denn Veränderung an sich ist noch kein Wert. Veränderung ist dann wertvoll, wenn sie Strukturen klug ersetzt.

Wofür gibt es, zur Erinnerung, die christliche Gesellschaftslehre mit katholischer wie evangelischer Ethik? Sie kann immer noch ein Maß sein, im Sinn der Familie oder einer gesellschaftlich gerechten Steuergesetzgebung, oder was auch immer sich an Notwendigem auftut. Tatsache ist aber, dass CDU und CSU diese Wurzeln arg beschnitten haben. Dass sie immer mehr ihre Maßstäbe aufgeben und damit ihre Mitte verlieren.

Nicht nur links ist das politische Spektrum größer geworden

Obwohl seit den 70er Jahren das Wort vom Wertkonservativismus – im Unterschied zum Strukturkonservatismus – an Bedeutung gewonnen hat, ist „konservativ“ nicht weiter definiert. Es vagabundiert, und dazu ist der Regelbruch enttabuisiert. Beispiel: In der Wirtschafts- und Ordnungspolitik wird nahezu alles gemacht, wogegen Konservative sein könnten. Das ist an der CDU zu beobachten, bei gleich welcher Frage. Ob Bundeswehr, gleichgeschlechtliche Ehe, Mindestlohn, was auch immer die SPD vor der Bundestagswahl forderte, wurde von der CDU aufgenommen. In Teilen sogar forciert übernommen.

In der Physik heißt konservativ: vom Anfangs- und Endpunkt, nicht aber vom Weg abhängend. Für den politischen Konservativismus ist das – falsch! Natürlich muss über den Weg diskutiert werden; über Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbilds und Positionen auf der Grundlage einer konservativen Haltung. Wo es nur um Machtsicherung geht, wird es wirklich anti-aufklärerisch.

Am rechten Rand, hinter der Wand, tut sich etwas? Es tut sich viel! Nicht mehr nur links ist das politische Spektrum größer geworden. Was bedeutet, dass CDU und CSU selbst den Zeitgeist verloren haben. Der sucht nach Alternativen. So weit ist es gekommen.

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