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Meinung: Kontaminiertes Kabinett Warum der Zorn über die Ölkatastrophe nun Spanien trifft

Als die „Prestige“ hilflos vor Spaniens Küste trieb und immer mehr Rohöl aus dem Wrack trat, war die Stimmung an der Küste, die vom Meer lebt, gespannt. Aber immer noch gefasst.

Als die „Prestige“ hilflos vor Spaniens Küste trieb und immer mehr Rohöl aus dem Wrack trat, war die Stimmung an der Küste, die vom Meer lebt, gespannt. Aber immer noch gefasst. Dann ging das Wrack unter. Und mit ihm das ökologische Problem – so hoffte man. Die kühlen Temperaturen am Meeresgrund würden verhindern, dass Öl in größeren Mengen austritt.

Die Ursache der Katastrophe ist aus dem Blickfeld verschwunden, doch die Empörung legt sich nicht. Das miserable Krisenmanagement und die lückenhafte Informationspolitik der spanischen Behörden lassen die Stimmung explodieren. Die Regierung redet das Unglück klein – und sich ins Verderben.

Die Folgen werden für viele Spanier jetzt erst richtig sichtbar. Ölteppiche erreichen die Küste. Am Ort des Untergangs der „Prestige“ steigen Ölblasen auf. Die Menge des ausgelaufenen Öls summiert sich Experten zufolge auf mindestens 20 000 Tonnen: doppelt so viel, wie offiziell zugegeben wird. Gerüchte machen die Runde, dass andere Schiffe die Gelegenheit missbrauchen, um selbst Öl abzulassen oder Tanks zu reinigen. Gestern kam heraus, dass die Eigentümer der „Prestige“ dieselben sind wie die der „Aegean Sea“ – die 1992 vor Galicien gegen die Felsen steuerte. Und der „Aegean Captain“, die 1979 in der Karibik nach einer Kollision 280 000 Tonnen Erdöl verloren, eine Rekordmenge.

Spaniens Regierung ist weder Schuld an den kriminell anmutenden Machenschaften im Öl-Reeder-Geschäft. Noch daran, dass altersschwache Tanker weiter vor Europas Küsten auftauchen dürfen. Die EU-Regierungschefs konnten sich nach dem Tankerunglück der „Erika“ vor drei Jahren nicht auf den Vorschlag der EU-Kommission einigen, Schiffe ohne Sicherheitsrumpf sofort zu verbieten. Die USA verbannten sie nach der Havarie der „Exxon Valdez“ aus ihren Gewässern.

Doch auch schuldlose Regierungen dürfen sich nicht darauf zurückziehen, dass sie keine Verantwortung für den Hergang trifft. Sie tragen Verantwortung für das Krisenmanagement, müssen die Empörung der Bürger auffangen. Die wahren Schuldigen sind unerreichbar für die um ihre Existenz fürchtenden Menschen. Das muss die Regierung nun ausbaden – aber nicht ohne Grund.

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