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Alle Hände voll zu tun - Menschen beim Weihnachtseinkauf.

© dpa

Kontrapunkt: Der Euro muss raus

Die Deutschen zeigen sich zum Jahresende optimistischer als viele Analysten es ihnen zugetraut haben. Beim zweiten Hinsehen entspringt die stabile Kauflaune möglicherweise auch der Sorge ums Geld.

Deutschland ist in Weihnachtsstimmung. Man kann auch sagen: Deutschland kauft ein. Das ist inzwischen ziemlich synonym. Wie um das zu bestätigen, teilt die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg mit, dass das Konsumklima auch im Januar stabil bleibe.

Und die Manager? Sie geben den Verbrauchern noch mehr Anlass zum Optimismus. „Für Weihnachten ist Gutes zu vermelden“, kommentiert Hans-Werner Sinn, Chef des Münchener Instituts für Wirtschaftsforschung (Ifo), den zum zweiten Mal in Folge gestiegenen Geschäftsklimaindex. „Die deutsche Wirtschaft scheint dem Abschwung Westeuropas erfolgreich zu trotzen.“ Derzeit bestehe keine Gefahr für eine Rezession.

Das hören die Leute gerne. Wenn die Konjunktur brummt, ist der Arbeitsplatz sicher und vom Chef gibt’s bestimmt wieder eine Gehaltserhöhung. Kennt man ja schon aus diesem Jahr. Und so wächst die Einkommenserwartung laut GfK endlich wieder, nachdem monatelang Pessimismus vorherrschte.

Selbst die ewig krittelnden Miesepeter an der Börse sind von den guten Nachrichten beeindruckt. Die Aktienkurse ziehen am Mittwoch nach mauem Start und Verkündung der frohen Botschaften an, der deutsche Leitindex Dax bewegt sich deutlich über dem Vortagskurs. Gut im Rennen: natürlich Konsumwerte. Papiere des Handelskonzerns Metro, in den vergangenen Wochen ein Ladenhüter, sind plötzlich gefragt. Im M-Dax zählen Gerry Weber und Hugo Boss zu den soliden Gewinnern. Zu Weihnachten greift auch schon mal derjenige zur Luxusmarke, der sonst nur Jeans von der Stange kauft.

Analysten wundern sich. Diesen Konjunktur-Optimismus hatten sie den Deutschen angesichts der Wirtschaftsprobleme in Europa und den USA nicht zugetraut.

Auf den zweiten Blick liegen sie mit ihrer Verwunderung vielleicht gar nicht so falsch. Dass die Verbraucher ihr Geld so freigiebig in den Konsum geben wollen, hat nämlich nicht unbedingt etwas mit einer positiven Grundstimmung zu tun. Die Zukunft des Euro bereitet ihnen Sorgen. Zu Recht - denn trotz aller Gipfel-Mühen in den vergangenen Monaten, trotz der angestrebten Fiskalunion, mit deren Hilfe die Finanzpolitik der Euro-Länder besser abgestimmt und automatische Sanktionen möglich werden sollen: Das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung ist nicht zurückgekehrt. Seit dem Euro-Gipfel Anfang Dezember ist der Kurs zum Dollar deutlich abgesackt. Offenbar glauben Anleger eher an den Erfolg schuldenfinanzierter US-Konjunkturpakete als an die schnelle Gesundung der schwächelnden Volkswirtschaften in der Eurozone durch Schuldenbremsen.

Hinzu kommen historisch niedrige Zinsen, bei denen sich viele Anlagen derzeit einfach nicht lohnen, weil der Ertrag von der für den Euroraum beachtlichen Inflation aufgefressen wird. Also, lieber noch schnell eine passende Schrankwand für den Flachbildfernseher oder ein Klavier für die halbwüchsige Tochter gekauft. „Eher werthaltige Anschaffungen“ nennen das Konsumforscher.

Aber jetzt wollen wir nicht schon wieder alles schlechtreden. Letztlich ist es doch völlig egal, ob wir unser Geld ausgeben, weil wir gute Laune haben oder weil wir uns Sorgen machen. Hauptsache, wir haben noch genug davon, damit wir es ausgeben können. Anders als die Franzosen zum Beispiel. Frankreich geht in die Rezession, Deutschland geht einkaufen.

An dieser Stelle noch ein wichtiger Appell des Einzelhandels vom vergangenen Sonntag. „Sechs Tage vor Heiligabend erwartet der Einzelhandel den Durchbruch im Weihnachtsgeschäft in den kommenden zwei Wochen.“ Alles klar? Frohes Fest.

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