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Die diesjährige Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karmanv ist ein hochrangiges Mitglied der Al-Islah-Partei ist, dem jemenitischen Ableger der Muslimbruderschaft.

© dpa

Kontrapunkt: Ehrung für eine Islamistin

Tawakkul Karman ist Friedensnobelpreisträgerin – als erste arabische Frau überhaupt – und sie ist Aktivistin im jemenitischen Zweig der Muslimbrüder.

Der Friedensnobelpreis geht in diesem Jahr an drei Frauen, die für Frieden und Gleichberechtigung kämpfen. Das ist richtig und nobel. Mit Tawakkul Karman, der Repräsentantin der jemenitischen Protestbewegung, wurde sogar zum erstenmal überhaupt eine arabische Frau mit dieser höchsten internationalen Ehrung ausgezeichnet. Tawakkul Karman saß im Gefängnis, sie wird bedroht, ihre drei Kinder kann sie nur unter konspirativen Bedingungen sehen. Nur den, der ein Herz aus Stein hat, lässt ihr Schicksal kalt.

Eher am Rande wurde vermerkt, dass Tawakkul Karman ein hochrangiges Mitglied der Al-Islah-Partei ist, dem jemenitischen Ableger der Muslimbruderschaft. Die Muslimbrüder billigen Selbstmordattentate der Palästinenser gegen Israel, halten Homosexualität für eine Abartigkeit, die ebenso hart bestraft werden muss wie außerehelicher Geschlechtsverkehr, und sie befürworten die Todesstrafe bei einer „Abkehr vom Islam“.

Ihr Chef im Jemen heißt Abdul Majeed al-Zindani. Der wird seit 2004 von den USA als „Specially Designated Global Terrorist“ gesucht. Er soll eng mit Osama bin Laden zusammengearbeitet haben, unter anderem als dessen geistlicher Führer. Und er gilt als Schlüsselfigur von Al Qaida im Jemen. Zindani steht auch auf einer UN-Liste mit Individuen, die engen Kontakt zu Al Qaida haben.

Seit Beginn der Arabellion, dem Aufstand in der arabischen Welt, steigt die Bedeutung der Muslimbruderschaften. In Ägypten und Tunesien wurden sie vor kurzem legalisiert. Im Jemen streben fundamentalistische Wahhabi-Elemente innerhalb der Muslimbrüder nach noch größerem Einfluss. Ob sich die Muslimbrüder religiös radikalisieren werden oder sich eher in Richtung der türkischen AKP entwickeln, weiß keiner.

Vor einer Woche, wenige Tage vor der Entscheidung des Nobelpreiskomitees, berichtete der britische „Guardian“ von einer anderen jungen jemenitischen Frau, auch sie eine Frauenrechtlerin. Ihren Namen will sie aus Angst vor Verfolgung nicht nennen - der „Guardian“ nennt sie „Sara“. Laut ihrer Aussage sind es nicht die Schergen von Präsident Saleh, die ihr nach dem Leben trachten, sondern Mitglieder der Opposition. Von denen würden einige der übelsten Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen begangen. Sara ist aus ihrem Land geflohen. Ihre Verfolger, sagt sie, hätten allesamt enge Verbindungen zur Al-Islah-Partei – jener Gruppe, zu der die Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman gehört.

Ein Preis kann Menschen anfeuern. Ganz selten bringt er auch Hitzköpfe zur Vernunft. Hoffen wir inständig, dass das Nobel-Komitee eine weise Entscheidung traf.

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