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Barack Obama auf einer Parteiveranstaltung: Der US-Präsident macht indirekt auch Deutschland mitverantwortlich für die aktuelle Währungskrise.

© Reuters

Kontrapunkt: Nicht Europa ist schuld, wenn es den USA schlecht geht

Obama macht Europa verantwortlich für die Finanzkrise. Dabei haben die USA seit Jahren Probleme, die auf die Weltwirtschaft ausgestrahlt haben, meint Stephan-Andreas Casdorff. Hochmut kommt vor dem Fall.

Das ist eine Meldung, wie sie die Welt nicht oft sieht. Der amerikanische Freund, der amerikanische Präsident macht Europa verantwortlich für eine Finanzkrise, „die die Welt in Angst versetzt“. Und hier, wenngleich ohne Namensnennung, die Bundeskanzlerin als Chefin der Wirtschaftsmacht Nummer 1 auf dem alten Kontinent. Außerdem findet Barack Obama, dass die Europäer nicht so schnell handeln, wie es notwendig wäre. Übersetzt heißt das: Europa ist schuld, wenn es den USA schlecht geht.

Das wird als erstes das Verhältnis zwischen Europa und Amerika, aber auch zwischen Angela Merkel und Barack Obama weiter eintrüben. Bei allem Verständnis dafür, dass der US-Präsident wiedergewählt werden möchte und nicht als erfolglosester Amtsinhaber seit dem Demokraten Jimmy Carter Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in die Geschichte eingehen will – Hochmut kommt vor dem Fall. Denn die USA haben seit Jahren eigene, horrende Probleme, die auf die Weltwirtschaft ausgestrahlt haben. Seit der Subprime-Krise 2008 kommt Amerika nicht auf die Beine. Und Obama liefert nicht.

Status USA: Die Konjunktur ist miserabel, trotz enormer Stützungsprogramme, auch geldpolitischer, die die Welt so noch nicht gesehen hat; mit Summen, die sich kein Mensch mehr vorstellen kann. Demnächst aber laufen sie aus. Die USA werden es außerdem mit fallenden Aktien- und Immobilienpreisen zu tun haben, dazu mit Ausgabenkürzungen für die einzelnen Staaten. Und die Arbeitslosigkeit wird so hoch bleiben wie seit damals nach dem Zweiten Weltkrieg, sagen amerikanische Experten. Was die USA in Angst versetzt.

Richtig ist, dass Europa mit seinem Drittel der weltweiten Wirtschaftsleistung und die USA eng verflochten sind, ob durch Im- und Export oder auf dem Bankensektor. Richtig ist auch, dass Europa, wenn es seine Probleme nicht löst, Wachstum in den USA gefährdet. Aber das gilt umgekehrt nicht weniger. Darum sollten sich die USA, an der Spitze ihr Präsident, kritisch selbst befragen, ob sie die richtigen Ratgeber sind, wenn doch ihre eigenen Rezepte daheim offenkundig keinen rechten Erfolg haben. Um es amerikafreundlich auszudrücken.

Die Europäer können nicht einfach mehr Geld drucken, sie müssen das, was sie ausgeben, erwirtschaften. Wie, darüber fallen die Ansichten gegenwärtig weit auseinander. Europa will im Kern sparen, Schuldenbremsen in seine Verfassungen einbauen. Die USA betreiben mit allen Mitteln aktive Konjunkturpolitik, auch mit Hilfe ihrer Notenbank, der Fed. Gemeinsam sollte den Partnern allerdings die Überzeugung sein, dass Konjunkturprogrammen Sparanstrengungen in besseren Zeiten folgen müssen. Das macht, zum Beispiel, Deutschland, dem es wirtschaftlich gut geht (und das also in den vergangenen Jahren etwas besser gemacht haben muss als, sagen wir zurückhaltend, andere). Und so muss es auch weiter handeln, um als wirtschaftlich Stärkster entsprechend helfen zu können, die Lasten in der Eurozone zu stemmen. Die USA sollten währenddessen vielleicht stärker darüber nachdenken, wie sie aus ihrer Misere herauskommen, ohne durch ihre Maßnahmen eine Hyperinflation auszulösen. Ein Letztes: Wenn in Amerika mit der Leitwährung Dollar Schulden über Schulden die Wirtschaft nicht ankurbeln – dann folgt der Angst Entsetzen. In Europa. In der Welt.

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