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Farbenspiel Rot-Grün.

© dpa

Kontrapunkt: Rot-Grün reloaded

SPD und Grüne wollen eine "Thinktank" gründen, um die Regierungsübernahme 2013 vorzubereiten. Lorenz Maroldt über einen Koalitions-Knast und die Berliner Wahlkämpferin Künast.

SPD und Grüne, so war es dieser Tage zu lesen, wollen eine „Denkfabrik“ gründen. Denkfabrik ist die etwas ungelenke Übersetzung von „Thinktank“. Darunter werden Organisationen verstanden, die politische Ideen diskutieren, um daraus Konzepte abzuleiten. Wozu also brauchen SPD und Grüne eine Denkfabrik? Klarer Fall: Um die gemeinsame Regierungsübernahme 2013 vorzubereiten - Rot-Grün reloaded.

Und so sollen demnächst führende Vertreter der beiden Parteien, aber auch von Gewerkschaften, Umweltverbänden, Kirchen und anderen Organisationen sowie Wissenschaftler fließbandartig Programmbestandteile zusammenschrauben. Linke müssen allerdings draußen bleiben.

Was auf den ersten Blick zumindest halbwegs passend klingt, wirkt allerdings bei näherer Betrachtung doppelt aus der Zeit gefallen. Wäre es nicht sinnvoller, SPD und Grüne würden zunächst einmal eine Historikerkommission gründen, um die Seltsamkeiten ihrer bisherigen gemeinsamen Regierungszeit zu untersuchen? Und ist es nicht eine fatale Verkennung der politischen Lage, so offensiv auf ein ganz konkretes Zweierbündnis zu setzen?

Womöglich haben die Gründungsunternehmer dieser Denkfabrik, die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und die Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke, die Bedeutung von „Thinktank“ auch etwas falsch verstanden. Tank, das kann sowohl ein Panzer sein, was sie womöglich gerne wären, aber auch ein Knast, in diesem Fall: ein rot-grüner.

In Berlin versucht die Wahlkämpferin Renate Künast gerade, daraus auszubrechen. Es ist zwar nicht so, dass es sie unbedingt zu anderen Koalitionen hinzieht, etwa zur CDU. Aber sie möchte es nicht ausgeschlossen wissen. In eher links gestrickten Kreisen der Grünen, also zum Beispiel in Kreuzberg und Friedrichshain, erhebt sich prompt Protest, personifiziert durch Hans-Christian Ströbele, notorischer Fahrradkurier in eigener Sache, und Franz Schulz, der für verwirrte Hausbesetzer so viel Sympathie zeigt, dass er vor ihnen geschützt werden muss. Beide schleppen ziemlich viel Sperrmüll aus früherer Zeit mit sich herum, mit dem sich zwar vielleicht ein alternatives Wohnprojekt ausstatten lässt, aber nicht das Rote Rathaus. Künast hat den Schnitt gemacht, als sie die Räumung der Liebigstraße 14 zwar politisch bedauerte, juristisch aber für korrekt erklärte. Ihre größte Herausforderung ist es nun, sich gegen den Schlachtenlärm in der eigenen, schnell von Führung per se beleidigten Partei Gehör zu verschaffen in einer Stadt, die neugierig ist auf neue Ideen für alte Probleme. Wenn sie diese Ideen vorauseilend eintrüben ließe durch egal welche koalitionskonsensualen Grübelmanufakturen, könnte sie gleich im Bundestag bleiben – und der Wähler zu Hause.

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