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Sie haben über die Bildung einer großen Koalition verhandelt, sind aber gescheitert: Heiko Maas, saarländischer SPD-Chef, und Annegret Kramp-Karrenbauer, saarländische Ministerpräsidentin.

© dapd

Kontrapunkt: Saarländischer Schwenkbraten

Keine große Koalition im Saarland, dafür Neuwahlen. Die Frage, wer regiert das Saarland, wird damit neu gestellt. Aber, sagt Lorenz Maroldt, sie ist eine Frage für politische Feinschmecker.

Das kleine Saarland spielt mal wieder große Politik. Es ist aber auch zu verführerisch: Nicht einmal 185.000 Stimmen hat die CDU bei der letzten Wahl im Sommer 2009 bekommen, das sind weniger als nur der Stadtteil Steglitz Einwohner hat; aber die haben schon gereicht, um in Berlin gehört zu werden.

Das war gleich am Anfang so, als Schwarz-Grün-Gelb, die Fata Morgana der deutschen Politik, hier tatsächlich mal Gestalt annahm. Aber was für eine! Flankiert von einem dubiosen Obergrünen und ein paar Liberalen, die der Zufall ins Parlament gebracht hatte, regierte der amtsmüde christdemokratische Ministerpräsident Peter Müller noch so lange weiter, bis er ins Bundesverfassungsgericht wechseln konnte.

Hätten die vier Liberalen im saarländischen Parlament nicht das getan, was bei ihnen üblich ist, also sich so lange zu zoffen, bis das Licht ausgeht, wäre der Name Annegret Kramp-Karrenbauer wohl der Öffentlichkeit weitgehend verborgen geblieben. Seit die Nachfolgerin Müllers aber die Koalition aufgekündigt hat, dreht auch sie ein kleines bisschen mit am Rad der Bundespolitik.

Das Aus der farbeuphemistisch „Jamaika“ genannten Koalition bekommt allerdings angesichts der etwas turbulenten Umstände in der Bundespolitik, die vor allem mit den Namen Christian Wulff und Philipp Rösler verbunden sind, eine größere Bedeutung, als dem zwar strukturschwachen, aber doch einigermaßen gemütlichen Wohlfühlzipfel im Südwesten der Republik angemessen ist.

Doch das hat nachvollziehbare Gründe. Dass die Ministerpräsidentin die FDP just in dem Moment vor die Tür setzte, als in Stuttgart Philipp Rösler beim Dreikönigstreffen zu jener Rede ansetzte, die ihn über die nächsten Monate retten sollte, konnte als überregional unfreundlicher Akt gewertet werden; manche sahen es gar als Zeichen dafür, dass auch in Berlin die Liberalen bald die Regierung verlassen müssen.

Aber was dann? Eine Koalition von Union und SPD – hier wie dort? Und wie bereits zuvor überraschend in der Berliner Landespolitik vollzogen? Das hätte auch einen kleinen Trend bestärkt, nämlich den, dass Grüne und Liberale – und, nebenbei, erst recht die Linke – als Koalitionspartner derzeit für CDU und SPD eher schwierig sind. Vor den Ereignissen in Saarbrücken und Berlin war mit dem Bruch der Koalition in Hamburg ja schon ein weiteres vermeintliches Modell für den Bund, das schwarz-grüne, an ein vorläufiges Ende gelangt.

Aber in Saarbrücken kommt es nun erst einmal anders, und auch das hat zu tun mit der Bundespolitik – und wirkt dorthin zurück. Diesmal liegt es an der SPD, die bei der letzten Wahl knapp über 130.000 Stimmen bekam, also weniger als allein der Stadtteil Prenzlauer Berg Einwohner hat. Die Sozialdemokraten wollten den nächsten Wahltermin im Saarland auf den der nächsten Bundestagswahl legen, wohl in der Hoffnung auf einen Mitnahme-Effekt. Das aber passte der CDU nicht, die später wählen lassen wollte. Also gibt es keine neue Koalition und damit auch keine Mehrheit für eine neue Regierung. Und deshalb wird jetzt ganz früh neu gewählt.

Der interessierte Bundesblick nach Saarbrücken hat natürlich auch mit einem Gespenst zu tun, das dort umgeht und auf den Namen Oskar Lafontaine hört. Dem wäre in der jetzigen Situation nichts lieber gewesen als eine mit der CDU regierende SPD. Bereits beim letzten Mal war die Linke der SPD sehr nahe gekommen, so nah, dass deren Vorsitzender Heiko Maas vor Schreck lieber gar nicht regieren wollte als mit seinem früheren Parteifreund und Förderer. Auch hatte er vor der Wahl versprochen, eben das nicht zu tun, und – anders als die Grünen – hielt er Wort.

Was wird die SPD jetzt versprechen, vor der nächsten Wahl? Es ist und bleibt egal, jedenfalls in Bezug auf das, was im Bund passiert. Das Saarland ist zu klein und zu eigen, um für irgend etwas Modell zu stehen. Wie hier regiert wird und von wem: mon Dieu, das ist lokalpolitische Folklore, etwas für Feinschmecker – wie das ganze kleine Land.

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