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Jugend wählt. In Bremen durften erstmals bei einer Landtagswahl auch 16- und 17-Jährige wählen. Und das bringt auch Pflichten mit sich.

© dapd

Kontrapunkt: Sie sind jung und hatten die Wahl

In Bremen durften erstmals auch 16- und 17-Jährige bei einer Landtagswahl mit wählen. Doch die erste Liebe gilt nicht dem Parlament.

Du willst die Leute zu Mitmachen bewegen, die jungen nicht zuletzt – und  dann gibst du Wahlzettel aus, die Abitur erfordern, um sie ausfüllen zu können. Der Zettel in Bremen umfasste 15 Seiten. Von wegen einfach wie Lottozettel, wie der Vergleich lautet: Die sind nicht so umfangreich. Außerdem kann man mehr gewinnen. Aber das nur am Rande. Die Wahlbeteiligung war kein Gewinn.

Nun gibt es ja Menschen, kluge, die seit 30, ach was, 60 Jahren in Baden-Württemberg wählen und sagen, da klappt es doch schon lange. Nur ist es vielleicht dort die angelernte Bedächtigkeit, die hohe Kunst der Entschleunigung, die dazu führt, dass sich die Wähler dort die Zeit nehmen, die sich brauchen, um zum Stimmen zu häufeln. (Wahrscheinlich ist das wie Geld zusammenzuschaffen, ums Häusle zu bauen, mit einem Kaminle.) Für Deutschland muss das aber kein Vorbild sein.

So einfach wie möglich, so muss es sein! Denn die Wähler, ob alt, ob jung, wollen mehr Schwung. Sie beklagen sich immer lauter, dass es zu lange dauert, bis sie gehört werden und bis sie etwas ändern können. Die Lehre daraus ist doch nicht, noch mehr Dampf rauszunehmen. Die Langsamkeit ist schon entdeckt – und sie ist keine Kunstform. Politik erfordert im Gegenteil mehr Unmittelbarkeit. Erkennt die Zeichen der Zeit. Steht schon in der Bibel.

Apropos: Ein bisschen Peter Hahne kann beim Gedanken an den Sonntag nicht schaden. Darum noch ein Wort zu den 16-Jährigen, die in Bremen das erste Mal auf Länderebene – nicht nur wie bisher auf kommunaler – wählen durften. Natürlich denkt jeder in dem Alter, er wüsste schon was; oder mindestens genug, um die Geschicke der Republik bestimmen zu können. Aber abgesehen davon, dass die erste wirklich wichtige Wahl dem ersten festen Freund oder der Freundin gelten sollte (weil man sich ein Leben lang daran erinnert) und nicht dem Parlament. Es stimmt doch, dass die jungen Leute mit Mehrheit keine Parteiprogramme vergleichen, geschweige denn lesen.

Das wäre was: Junge gründen im Internet eine Plattform, Wahlplag, um zu schauen, wer von wem was abgeschrieben hat. Oder achten darauf, wer was versprochen und das Versprechen dann gebrochen hat. Das würde der Politik dann übrigens wohl nicht mehr so gut gefallen, auch den Grünen nicht, die von dem Wahlalter profitieren. Nicht dass am Ende noch Oskar Lafontaine als Held herauskommt! Lafontaine war nämlich der bisher Einzige, der mit einer Liste aufwarten konnte unter der Überschrift "Versprochen – gehalten", und das waren alle Wahlversprechen. Zum Dank wurde er damals so lange von den eigenen Leuten gemobbt, bis er alles hinwarf. Das will heute bestimmt keiner – und keiner mehr wissen.

Also, Polarisierung schon in Schulklassen? Nein, danke. Die Wahlbeteiligung ist bei den Jungen auch noch unterm Durchschnitt. Ein letztes: Rechte gibt’s nicht ohne Pflichten. Will sagen, will fragen: Was ist dann mit dem Strafrecht? Oh du je. Vom Führerschein schweigen wir lieber… Dann doch lieber Entschleunigung.

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