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Ab dem 1. August 2013 haben Eltern erstmals einen Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für ihre ein- bis dreijährigen Kinder.

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Krippen-Plätze fehlen: Der Blick auf die Qualität ist verloren gegangen

Um den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ab dem 1. August wenigstens auf dem Papier erfüllen zu können, wird im Moment an vielen Schrauben gedreht. Cordula Eubel meint: Die Länder haben es versäumt ihre Ausbildungskapazitäten hochzufahren.

Es ist ein Versprechen, mit dem die Politik ungeheuer hohe Erwartungen geweckt hat. Ab dem 1. August haben Eltern erstmals einen Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für ihre ein- bis dreijährigen Kinder. Niemand könne sich mehr aus der Verantwortung stehlen, hatte Ursula von der Leyen im April 2007 prophezeit. Die CDU-Politikerin war damals Bundesfamilienministerin – und Bund, Länder und Kommunen hatten sich beim „Krippengipfel“ gemeinsam das Ziel gesetzt, in ganz Deutschland die Betreuungsangebote für Kleinkinder massiv auszubauen. Doch inzwischen zeichnet sich ab: Die Zahl der Plätze wird nicht reichen, um alle Wünsche zu befriedigen. Zwar sind in vielen Kommunen im Hauruck-Verfahren neue Kitas gebaut worden. Doch spätestens bei der Suche nach geeignetem Personal stellen die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden fest, dass es zu wenig ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher gibt. Auch, weil es die Länder in den vergangenen Jahren versäumt haben, rechtzeitig ihre Ausbildungskapazitäten hochzufahren.

Um den Rechtsanspruch auf dem Papier erfüllen zu können, wird deshalb im Moment an vielen Schrauben gedreht: In einem Teil der Kindergärten werden die Gruppen vergrößert, in anderen wird kurzfristig angelerntes Personal eingestellt. Nicht zuletzt werben die Kommunen sich gegenseitig Erzieherinnen ab, mit Ballungsraumzulagen oder dem Versprechen auf ein Laptop. Von der Familienministerin bis zu den kommunalen Spitzenverbänden schauen im Moment alle Verantwortlichen gebannt darauf, ob die versprochenen Zahlen eingehalten werden können oder nicht. Im bundesweiten Durchschnitt soll für 39 Prozent der Unter-Dreijährigen eine Betreuung in einer Krippe oder bei einer Tagesmutter zur Verfügung stehen, insgesamt 780 000 Plätze.

Kita-Ausbau: Der Blick auf die Qualität geht verloren

Dabei ist der Blick auf die Qualität verloren gegangen. Seit Jahren sind sich Experten einig, dass der Erzieherberuf in Deutschland stärker professionalisiert und aufgewertet werden sollte. Eine Umfrage des Familienministeriums unter Tagesmüttern zeigte vor kurzem, dass fast jede dritte von ihnen überlegt, ihre Arbeit einzustellen – in erster Linie wegen der geringen Entlohnung. Bei selbstständigen Tagesmüttern reicht das Einkommen aus dem Job oft noch nicht einmal, um die eigene Existenz zu sichern. Doch beim Kita-Ausbau setzen Bund und Länder unverdrossen darauf, einen Teil des Bedarfs durch Tagesmütter abzudecken.

Wer keine großen Enttäuschungen provozieren will, muss weiter massiv in den Ausbau und die Qualität der Kinderbetreuung investieren. Die Kommunen prognostizieren schon jetzt, dass die Zahl der Eltern, die eine Betreuung für ihre Kleinkinder suchen werden, in den nächsten Jahren weiter steigen wird. Besser bezahlte Erzieherinnen und kleinere Gruppen – davon würden viele Kinder (und ihre Eltern) profitieren.

Im internationalen Vergleich zahlt Deutschland relativ viel Geld direkt an Familien und investiert wenig in Kinderbetreuung, wie vor kurzem Wissenschaftler der Bundesregierung erneut bestätigt haben. Doch die Union setzt im Wahlkampf darauf, höhere Steuerfreibeträge für Familien und ein höheres Kindergeld zu versprechen. Die Sozialdemokraten kündigen zwar an, zwei Milliarden Euro in den Kita-Ausbau stecken zu wollen, versprechen Eltern aber zugleich Beitragsfreiheit. Wer eine gute Kinderbetreuung garantieren will, sollte seine Prioritäten noch einmal überdenken.

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