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Meinung: Kulturpolitik: Die nationale Museumsinsel

Neuer Senat und neuer Regierender Bürgermeister, neuer Streit und hoffentlich bald auch Neuwahlen - mal wieder typisch Berlin, alles neu. Manches alte Problem löst sich derweil ganz im Stillen und dennoch spektakulär.

Neuer Senat und neuer Regierender Bürgermeister, neuer Streit und hoffentlich bald auch Neuwahlen - mal wieder typisch Berlin, alles neu. Manches alte Problem löst sich derweil ganz im Stillen und dennoch spektakulär. Wir reden von der Museumsinsel. Deren Wiederaufbau, so hat es Bundeskanzler Schröder erklärt, zähle "zu den zentralen Zielen unserer Kulturpolitik." Gesagt hat das der Kanzler am 4. Oktober 1999, noch frisch im Amt, als erster Bundeskanzler, der bei einem Festakt der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sprach. Bereits damit markierte er die Abkehr von den geheiligten Prinzipien der Länder-Kulturhoheit, die dem Bund jedwede Wortmeldung vermeintlich untersagte. Doch was damals eher nur Gedankenspiel zu sein schien, drängt nun unausweichlich: die vollständige Übernahme der Museumsinsel-Sanierung durch den Bund, eine völlig neue Rollenverteilung in der Kulturpolitik.

Die bundespolitische Rolle, die Schröder seinerzeit reklamierte, muss er jetzt nolens volens ausfüllen. Die Finanznot des Landes Berlin zwingt zu Maßnahmen, die über die Bereinigung aktueller Zahlungsengpässe hinaus eine ordnungspolitische Neuausrichtung erzwingen. Bislang wurden die Baumaßnahmen der Preußenstiftung jeweils zur Hälfte vom Bund und von Berlin als dem Sitzland dieser größten deutschen Kultureinrichtung aufgebracht. Die Betriebskosten der Stiftung mit ihren 17 Museen und zwei Staatsbibliotheken tragen, nach einem komplizierten Schlüssel, Bund, Berlin und die übrigen 15 Bundesländern. Mit ihren Sanierungsvorhaben aber bricht die Fiktion, Berlin engagiere sich in gleichem Maße wie der Bund, sichtbar auseinander. Der Bund übernimmt die Museumsinsel - und er darf es tun, nach außen, weil Berlin kein Geld mehr hat, in Wahrheit, weil das eine nationale Aufgabe ist.

Das ist der Punkt, bei dem aus der temporären Misere ein grundsätzlicher Richtungswechsel wird. Denn bislang, so die verfassungspolitische Fiktion, durfte der Bund bei der Finanzierung kultureller Einrichtungen allenfalls zur Hälfte einspringen. Von nationalen Aufgaben war nicht die Rede. Darüber aber wird mittlerweile unbefangen gesprochen. Kulturstaatsminister Nida-Rümelin darf seinen Herzenswunsch einer Bundeskulturstifung offiziell als "Nationalstiftung der Bundesrepublik Deutschland für Kunst und Kultur" etikettieren, ohne dass Widerspruch vernehmbar wird - und will gleich noch die vor 13 Jahren unter verfassungsrechtlichen Bauchschmerzen geborene "Kulturstiftung der Länder" unter sein neues Dach bringen.

Es zeichnet sich mithin überdeutlich ab, dass die Gewichte zwischen Bund und Ländern auch im Kulturbereich neu austariert werden. An der gesamtstaatlichen Bedeutung der Preußenstiftung gibt es keinen Zweifel mehr. Wenn nun aber der Bund dem Rechnung tragen will und darf, so wird unweigerlich die Diskussion darüber eröffnet, was sonst noch in jene besondere Kategorie fällt, die das Bundesverfassungsgericht im übrigen schon immer von der strikten Länderzuständigkeit in Kulturdingen ausgenommen hatte.

Die CDU hat im Bundestag bereits ihre Sympathie mit Nida-Rümelins Versprechen der Museumsinsel-Übernahme ausgedrückt - und zugleich mit seinem "Nationalstiftungs"-Vorhaben verbunden. Ob es eine institutionelle Verknüpfung werden muss, mag im Augenblick egal sein. Aber dass es eine gedankliche Verknüpfung gibt, liegt auf der Hand. Die Aufteilung der Aufgaben in solche, die die Länder als eigene Angelegenheiten besorgen, und diejenigen, die dem Bund obliegen, steht auf der Tagesordnung.

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