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"Wir sind solidarisch, das Ausgleichssystem ist es nicht", betonte Horst Seehofer (CSU).

© dapd

Länderfinanzausgleich: Die Klagen des Herrn Seehofer

Bayern zieht gegen den Länderfinanzausgleich zu Felde. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat sich damit endgültig zum politischen Außenseiter gemacht. Denn die Klage ist nicht mehr als das laute Säbelrasseln eines Wahlkämpfers.

Von Antje Sirleschtov

Aufmerksame Beobachter des schwarz-gelben Koalitionsgeschehens in Berlin mögen Horst Seehofer in den vergangenen Monaten attestiert haben, dass an der Spitze der CSU ein unberechenbarer, ja zuweilen sogar nicht ernst zu nehmender Kantonist steht. In bester Erinnerung mag seine Mahnung sein, die Koalitionsspitzen müssten sich besser abstimmen, wonach er unmittelbar drohte, solchen Abstimmungen künftig aus Prinzip fernbleiben zu wollen.

Aus der südlichen, christsozialen Dimension heraus betrachtet, fällt das Urteil auf den ersten Blick anders aus. Seehofer steht einer CSU vor, die erkennbar Mühe hat, sich bei den Landtagswahlen in Bayern Anfang kommenden Jahres als starke Kraft zu behaupten. Der Vorsitzende muss daher rechtzeitig beginnen, seine Partei als Sachwalter bayerischer Interessen zu positionieren. Nichts anderes tut Seehofer, wenn er jetzt eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich ankündigt. Jeder, der das undurchsichtige Verfahren der föderalen Geldverteilung zwischen den Bundesländern kennt, weiß um die Ungerechtigkeiten des Systems und steht schnell auf der Seite derer, die eine Reform verlangen.

Und wenn es nun so ist, wie Seehofer behauptet, dass nämlich ausgerechnet die Bundesländer, die sich Jahr für Jahr aus dem Geldtopf bedienen, zu einer Reform dieses ungerechten Systems nicht bereit sind, dann liegt es doch nahe, wenn dem Mann aus München jetzt der Kragen platzt. Schließlich ist Bayern ja der größte Netto-Einzahler und den Satz, Solidarität dürfe keine Einbahnstraße sein, unterschreibt wohl jeder Bayer gern. Es könnte mithin sein, dass allein die Ankündigung einer Klage zu manch ersehntem Kreuzchen für die CSU auf dem Wahlzettel führen wird. Ob es dann wirklich zur Klage kommt und wie ein Gericht am Ende entscheidet, steht ohnehin in den Sternen.

Video: Bayern zieht vor das Bundesverfassungsgericht

So verständlich das laute Säbelrasseln des Wahlkämpfers aus München ist, so kurz gedacht ist es und so wenig Verantwortung für das Große und Ganze zeigt es gleichzeitig. Schließlich fußt der Länderfinanzausgleich in Deutschland keineswegs auf dem einfachen Prinzip von Fleiß und Faulheit. Was allein daran zu erkennen ist, dass die heute wirtschaftlich erfolgreichen Süddeutschen viele Jahre selbst Empfänger von Milliardenbeträgen aus dem großen Föderaltopf gewesen sind. Wer seinen Wohlstand aber, wie die Bayern, auf der Solidarität der anderen begründet hat, sollte nicht vergessen, wie er dazu gekommen ist.

In Baden-Württemberg und Hessen hat man diesen Teil der Geschichte offenbar nicht ausgeblendet und setzt auf Verhandlungen, die den Finanzausgleich transparenter und gerechter machen sollen – für arme Nehmerländer wie Berlin, aber auch für die Geberländer wie Bayern. Für diese Verhandlungen hat sich Seehofer mit seinem Klagegebrüll auf jeden Fall keinen Gefallen getan. Aus dem starken Bayern ist auf einmal ein Außenseiter geworden. Wer will schließlich mit einem, der Klage androht, in Zukunft am Tisch sitzen und über Kompromisse reden?

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