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Meinung: Lahm ist er nicht

Halbzeit beim Bundespräsidenten: Ob er am Ende wohl wieder aufgestellt wird?

Seine erste Halbzeit ist vorüber, aber, um in der Sportlerwelt zu bleiben, eine Pause hat er nicht. Dabei wäre sie ganz gut für den Präsidenten, und noch besser wäre es, wenn in der Zeit einer oder eine käme, um ihm zu sagen, was in der zweiten anders laufen sollte. Denn Horst Köhler, Bundespräsident, läuft Gefahr, es sich mit so vielen zu verscherzen, dass er am Ende nicht wieder aufgestellt wird.

Man kann ihn gut finden, wenigstens für manches, das er tut. Dass er sich aufregen kann – und wie! – über Zeitläufte, Politiker, politische Inhalte, spricht noch nicht gegen ihn. Gegen Arbeitslosigkeit und für Afrika zu sein, beides vehement: bravo. Auch dass er noch keinen, wohlgemerkt keinen, Antrittsbesuch in den USA gemacht hat (sondern sich lieber richtig in Afrika umtut), hat seine eigene Aussagekraft. Die ist nicht gerade wenig mutig. Aber es ist nicht unbedingt das richtige Amt, aus dem heraus Köhler so handelt. Wäre er, sagen wir: Wirtschafts- oder Finanzminister, dann wäre es nicht nur profan gesprochen etwas anderes.

Bloß ist das Amt des Bundespräsidenten immer noch die „Integrationsagentur des Staates“, als die sie der Verfassungsrechtler und Köhler-Vorgänger Roman Herzog beschrieben hat. Das beschreibt zugleich, worin die bisher geltende Selbstbescheidung besteht. Wer das ändern will, und Köhler will es augenscheinlich, der muss dann aber dafür eintreten, dass der Präsident künftig vom Volk direkt gewählt wird. Da wäre, übrigens, Köhler nicht ins Amt gekommen. Politik war nicht sein Metier, bisher nicht und, wie manche im Bundestag quer durch alle Fraktionen ätzen, heute auch nicht.

Richtig ist: Er und sein Staatssekretär sind Fachleute fürs Geld. Sie sorgen sich um die wirtschaftliche Prosperität des Landes. Köhler ärgert sich außerdem darüber, dass fachlich nicht alles gut gemacht wird. Doch erweckt er zunehmend den Eindruck, als wisse er, der vormalige Staatssekretär, es besser, wie es gemacht wird. Davor sollte er sich, bei allem Respekt, hüten. Sonst wird er demnächst gerempelt wie vor ihm noch kein Bundespräsident. Nach dem Motto: Wer sich ins tagespolitische Getümmel begibt, der darf sich nicht wundern. Diese Art Novum sollte sich Köhler ersparen. Erstens ist es nicht gut fürs Amt, die Kratzer bleiben, auch wenn er nicht mehr da ist, zweitens mag er selbst respektlosen Umgang ja nun gar nicht, wie man hört.

Hinzu kommt: Er ist nicht Adenauer. Der wollte, wäre er Präsident geworden, auch mal allen zeigen, wie man’s richtig macht. Die Verfassung genauer kennen oder auslegen zu wollen als das Verfassungsgericht, ist politisch gesehen aber nicht die beste Idee. Weder für ihn noch für die Regierung. Sich bei den großen Fragen melden: ja. Bei den kleinen: nein.

Jetzt steht Köhler wieder auf dem Feld, spielt Verteidiger und Stürmer in einem. Dazu braucht er viel Luft und viel spieltechnisches Können. Dabei kann man sich leicht übernehmen.

Das erinnert übrigens an die Fußball-WM. Da wollte Köhler den Deutschen die Medaillen überreichen – und die Kanzlerin nahm ihm das Ganze aus der Hand.

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