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Leichts Kolumne: Rückkehr der Pendler

Und nun noch die Pendlerpauschale! Das süße Gift des nacheilenden Populismus.

Nein, heute kein Wort mehr über jenen Wortbruch – versprochen ist versprochen! Dafür aber etwas zu der um sich greifenden Unsitte, der eigenen, einmal eingeschlagenen Politik das Rückgrat zu brechen. Diese Verfehlung wird zwar nicht sogleich als solche erkannt, zumal, da sie immer nur dann begangen wird, wenn solchem Tun die Popularität sozusagen vorweg als gesichert erscheint. Doch solche politischen Fallrückzieher sind auf lange Sicht mindestens so verwerflich und verheerend wie der offene, eklatante Wortb… – aber dieses Wort wollten wir ja für heute nicht mehr benutzen.

Die Sache fing in jüngerer Zeit – und da wären wir dann doch wieder kurzfristig bei Kurt Beck – an mit der im Grunde systemwidrigen Abkehr von Hartz IV und der Verlängerung des Arbeitslosengeldes I für einen Teil der älteren Arbeitnehmer. Alle Experten und selbst Franz Müntefering, der wahrlich kein Steigbügelhalter der „Heuschrecken“ war, verwiesen darauf, dass diese populistische Deformierung einer richtigen Politik sich am Ende als nachteilig für jene erweisen werde, zu deren Gunsten sie doch vorgeblich betrieben wurde. Vergebens! Das Drama soll sich fortsetzen in der systemwidrigen, wenn auch auf den ersten Blick populären Extra-Erhöhung der Renten. Zwar hatte der rot-grüne Gesetzgeber aus den Erfordernissen der Nachhaltigkeit gerade vor ein paar Jahren den „Riester-Faktor“ in die Rentenformel eingearbeitet. Aber nun, da man sieht, wozu diese Politik richtig und folgerichtig führen muss (und ja auch sollte), ziehen beide Partner der großen Koalition den Schwanz ein – denn wer will sich im heraufziehenden Wahlkampf schon als unfair gegenüber „Großmuttchen“ anschwärzen lassen? Dass die junge Generation, dass die Beitragszahler und dass der „Faktor Arbeit“ demnächst unter den sich erhöhenden Lohnnebenkosten leiden werden, das betrifft dann ja erst einen späteren Wahlkampf. (Das Pikante an dieser Affäre liegt übrigens in Folgendem: In der Ära Kohl war bereits ein „Blüm-Faktor“ in die Rentenformel eingepasst worden. Den hatte die Regierung Schröder-Lafontaine-Fischer als massiv ungerecht erst einmal populistisch beseitigt – nur um ihn, nach Lafontaines Abgang, unter der Bezeichnung „Riester-Faktor“ wieder einzuführen, nach entsprechenden Schleifspuren im Rentensystem. Hier handelt es sich also um einen Fall fortgesetzter politischer Unzucht!)

Und nun noch die Pendlerpauschale! Ausgerechnet die CSU, die sich zuvor nicht schroff genug bei der Beschneidung dieser Steuersubvention geben konnte, will nun das wieder einführen, was sie zuvor abschaffen wollte: die „alte Pendlerpauschale“. Dass sie schon deshalb unverantwortlich handelt, weil sie sich als Landespartei zulasten des Bundes (und der Union insgesamt) vor ihren bayerischen Wählern preiswert verhübschen will, sei fast nur noch nebenbei erwähnt.

Wohl wahr, die Politiker und Parteien sollen imstande sein, aus ihren Fehlern zu lernen – siehe das Beispiel Transrapid. Das ist aber etwas ganz anderes, als eine ursprünglich für richtig erkannte Politik hinterher nur deshalb als Fehler zu bezeichnen, weil man zu den vorhersehbaren, ja gewollten Konsequenzen des eigenen Tuns nicht mehr stehen möchte. Wer auf diese Weise seine eigene Politik immer wieder dementiert, sabotiert nämlich sowohl seine persönliche Fähigkeit als auch die Möglichkeit des politisch-sozialen Systems insgesamt, jemals gründlich und konsequent politische Korrekturen durchzusetzen. Die Wähler haben ja inzwischen gelernt, dass die Politik geradezu habituell (und nur zu gern) den Mut vor der eigenen Courage verliert. Das eben ist das nur scheinbar süße Gift des nacheilenden Populismus!

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