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LEICHTS Sinn: Das Tier kann nichts dafür … … dass es mit dem Menschen verglichen wird.

"Die dumme Sau" ist leicht gesagt - weil niemand an das Schwein denkt.

Es lohnt sich, einmal darauf zu achten, in welcher Weise die politische Sprache Tiervergleiche benutzt, um Menschen und deren Verhalten zu charakterisieren. Nur selten fallen solche Vergleiche für beide Seiten positiv aus. Jemand sei stark und mutig wie ein Löwe oder erhaben wie ein Adler, das steht heutzutage kaum noch in Rede. Schlau wie ein Fuchs – dieses Kompliment ist schon echt zweischneidig, ja zumeist schon abträglich gemeint. Aber alle negativen Vergleiche sind extrem unfair gegenüber den Tieren und offenbaren zudem eine beträchtliche Unkenntnis unserer Mitgeschöpfe.

Nehmen wir als erstes Beispiel eines, das scheinbar nur in den privaten Bereich gehört – in der Politik aber durchaus gebräuchlich ist, wenngleich aufgrund seiner Drastik als unparlamentarisch einzustufen und nur hinter vorgehaltener Hand zu benutzen: „Die dumme Sau“ oder „Du dreckiges Schwein“ – so ähnlich soll sich einmal eine politische Persönlichkeit geäußert haben, als ihr ein liberaler Parteifreund die Aussicht auf einen sicher geglaubten Ministerposten per Intrige versau … – pardon: verdorben hatte. In Wirklichkeit sind Schweine reichlich intelligent und ziemlich reinlich. Sie stehen uns übrigens, nicht gerade zu ihrem persönlichen Vorteil, genetisch sehr nahe, weshalb sie für heterologe Transplantationsforschung sehr infrage kommen. Wenn doch alle Menschen nur so reinlich wären – wie Schweine.

Aber nun zu einem eindeutig politischen Beispiel, dem angeblichen Raubtierkapitalismus. Dieser Vergleich ist geradezu absurd. Das fängt schon damit an, dass die deutsche Sprache mit dem moralisierenden Epitheton „Raub“ schon einen falschen Ton in die Sache bringt, als beginge ein Bussard, der sich eine Maus schnappt, ein strafwürdiges Verbrechen – andere Sprachen reden da zutreffender von „Beutetieren“. Das setzt sich dann aber fort mit der Tatsache, dass kein Beutetier mehr erlegt, als es für sich und seinen Nachwuchs dringend braucht. Oder hat schon jemand Löwen oder – sei’s drum – „Problembären“ gesehen, die Fleischberge gehortet, damit spekuliert oder sie einander in Eroberungsfeldzügen und Übernahmeschlachten wieder abspenstig gemacht haben? Menschen könnten sich an der generellen Selbstgenügsamkeit gerade der nicht domestizierten Tiere, auch der sogenannten Raubtiere vielmehr ein Beispiel nehmen.

Diese schiefen Vergleiche fingen im Grunde schon mit Thomas Hobbes und seinem Satz an: homo homini lupus. Der Mensch wäre dem Menschen ein Wolf, wenn man ihn (den Menschen, nicht den Wolf!) nicht aus dem Naturzustand herausführte und einem autoritären Gesellschaftsvertrag unterwürfe. Was den Menschen angehe, mag Hobbes ja immer wieder recht gehabt haben, hinsichtlich des Wolfes lag er von Anfang an falsch. Wölfe in ihrem Familienverband zeigen eine außerordentlich lebens- und überlebensfreundliche Sozialordnung. Leute, die Wolfsrudel über längere Zeit genau beobachtet haben, berichten Erstaunliches auch über deren gruppeninterne Sympathierituale. Hätte Hobbes näher hingeschaut, hätte er dort vielleicht ganz schön positive Anregungen für eine politische Ordnung gefunden.

Nein, wir Menschen sollten uns unser bisweilen fürchterliches Kollektiv- und Individualverhalten schon selber zu Last legen. Jemand handle viehisch, das ist ein doppeltes Sakrileg – zum einen, was das Verhalten angeht, zum anderen, was die Gedankenlosigkeit betrifft, mit der Tiere begrifflich zu Sündenböcken (hier trifft der Vergleich einmal zu) für uns Menschen gemacht werden. Und wenn es wieder einmal heißt, irgendwo sei es ganz unmenschlich zugegangen, dann widersprechen wir doch deutlich und sagen: Nein, leider nur zu menschlich!

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