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LEICHTS Sinn: Die Wähler, nicht die Funktionäre … … müssen vom SPD-Kandidaten überzeugt sein

Das kuriose Gehakel in der SPD darüber, ob Peer Steinbrück tatsächlich Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur angemeldet hat und ob er dies tun durfte, könnte man glatt als Vor-Sommertheater vergessen, wenn sich dahinter nicht ein grundsätzliches Problem verbergen würde – und zwar nicht nur eines der Partei-, sondern zugleich auch der Staatspolitik. Wenn Andrea Nahles auf Peer Steinbrück so allergisch reagiert, gibt sie ja nicht nur zu erkennen, welche ihr unangenehme politische Attraktivität sich mit diesem Namen verbindet, sondern sie offenbart ein tiefes Missverständnis sowohl der Funktion des Spitzenkandidaten als auch des demokratischen Wettbewerbs um Macht.

Das kuriose Gehakel in der SPD darüber, ob Peer Steinbrück tatsächlich Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur angemeldet hat und ob er dies tun durfte, könnte man glatt als Vor-Sommertheater vergessen, wenn sich dahinter nicht ein grundsätzliches Problem verbergen würde – und zwar nicht nur eines der Partei-, sondern zugleich auch der Staatspolitik.

Wenn Andrea Nahles auf Peer Steinbrück so allergisch reagiert, gibt sie ja nicht nur zu erkennen, welche ihr unangenehme politische Attraktivität sich mit diesem Namen verbindet, sondern sie offenbart ein tiefes Missverständnis sowohl der Funktion des Spitzenkandidaten als auch des demokratischen Wettbewerbs um Macht.

Willy Brandt, der gelegentlich Abstand von der Politik suchte, indem er an irgendeinem Gewässer die Angel auswarf und vor sich hinschwieg, kannte gewiss noch die alte Anglerregel, die sich gut auf die Politik übertragen lässt: Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Mit anderen Worten: Eine Partei, die sich auf sich selber oder gar nur auf die Präferenzen einer ihrer Flügel einkrümmt, mag sich zwar in ihrer mentalen Inzucht wohlfühlen, hat aber im Grunde bereits verloren, bevor der Wahltag heranzieht.

Vielmehr geht es doch darum, auch jene Bürger zu beeindrucken, die noch kritisch prüfend die Angebote verschiedener Parteien gegeneinander abwägen; es sind dies zumeist jene Bürger, die von Fall zu Fall tatsächlich wählen, also auswählen, und nicht nur eine längst getroffene Entscheidung fortschreiben, sei es aus guter Gewohnheit oder aus ideologischer Fixiertheit.

Glücklich wäre also jene Partei zu preisen, die mit einem Programm, vor allem aber mit einem Spitzenkandidaten anzutreten vermag, der nicht nur dem Mittelwert der innerparteilichen Kompromisslinien angepasst ist, sondern der auch die Grenzen des Milieus zu überwinden imstande ist. Von Helmut Schmidt – es ist ja kein Wunder, dass Schmidt und Steinbrück sich offenkundig gut verstehen – hatten manche seiner Anhänger gesagt: Der richtige Kanzler, aber in der falschen Partei! Dies hatte Schmidt zwar immer wieder weit von sich gewiesen, aber das Diktum zeigte markant an, dass seine Ausstrahlung die seiner Partei weit übertraf.

Es ist freilich seit jeher die fatale Tragik der SPD gewesen, dass sie Politiker, die durch ihre Überzeugungskraft mehr Wähler an die Urne locken konnten, als dies das Funktionärskorps der Partei alleine vermocht hätte, immer wieder zugunsten der Nestwärme ihres Milieus im Stich gelassen hat, wobei nicht zu bestreiten ist, dass ohne eine solide parteipolitische Basis auch ein medialer Virtuose als Kandidat nur scheitern könnte. Wenn aber Andrea Nahles als Beispiel repräsentativ sein sollte, hätte die SPD immer noch nicht begriffen, in welcher Lage sie sich befindet, seitdem sie ihre letzten beiden Bundeskanzler hatte rechts liegen lassen.

Es geht hier freilich nicht allein um die Frage möglichst geschickter und werbeträchtiger Personalangebote im Interesse allein einer bestimmten Partei. Vielmehr besteht ja der Witz der Demokratie darin, dass zwar die Parteien als bloßer Teil und Ausschnitt des öffentlichen Meinungsgefüges um die politische Macht im Staate konkurrieren, dass sie aber zugleich, sollten sie erfolgreich sein, das Land im Interesse aller seiner Bürger verantwortlich zu regieren haben. Und deshalb wäre es nicht nur ein taktisch raffinierter Schachzug, sondern geradezu eine verfassungspolitische Pflicht, als Spitzenkandidaten jemanden zu präsentieren, der das ganze Land und nicht nur eine Partei (oder auch nur deren Binnen-Mehrheit) zu beeindrucken versteht.

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